Michael Jackson, Bad – Top Produktion, Meilenstein, hörenswert

Nach Thriller kam BAD und dann? Nun ja: Auch dieses Album setzt (wie das noch ungleich innovativere Album Thriller) Maßstäbe, aber in anderen Bereichen.

[amazonjs asin=B00005NUZO]

[rating:5]

Mit „Man In The Mirror“ wird hier ein Song-Genre geschaffen, das ich mal als PowerBalladenHymne bezeichnen möchte und seither zigfach ohne große Veränderung kopiert wurde: Leises Schnipsen, raffinierte Bassdrum, bedächtiger Gesang (mit einem tollen Text übrigens, der von Selbstzweifeln, Überwindung und Triumph erzählt) und dann von Strophe zu Strophe mit knalligem, dichten Sound eine gospelartige Hymne, bei der allein schon die mächtigen Chöre vorher in dieser Form nicht gehört wurden.

Auch ansonsten zeigt die dichte und raffinierte Produktion, dass seit dem Erstling Thriller die Samplertechnik weiter gekommen ist. Manchmal sind die Soundeffekte fast schon zu aufdringlich, ordnen sich aber immer dem Song unter. Und „Leave Me Alone“ sowie das rohe, rotzige „Another Part Of Me“ nehmen mit ihrem erdigen, rauen Sound die späteren Funk-Orgien von Prince und Anderen vorweg.

Schon wegen der Produktion lohnt sich diese Scheibe für jeden, der Pop hört.

Die Top Produktion im R&B, Meilenstein,

[amazonjs asin=B00005NUZN]
[rating:5]
Thriller ist ein Meilenstein. Eine solche Produktion mit grandiosen Samples, tighten Beats und rasanten Studiotricks hatte die Welt Anfang der 80er Jahre noch nicht gesehen.

Die Songs haben jeder für sich ein ganz charakteristisches Sounddesign, höchstmöglichen Wiedererkennungswert und Michael Jackson klingt noch wie der Peter Pan der schwarzen Musik (und nicht wie eine Karikatur). Die Songs decken stilistisch eine enorme Vielfalt ab bis hin zum glatten, durch Paul Mc Cartney veredelten Popsong. Und die dichten druckvollen Synthieflächen von Billie Jean reichen aus, um jede bessere Steroanlage zu testen und beim Hörer Gänsehaut hervorzurufen.

Die Videos zu dieser Produktion setzten ebenso Maßstäbe wie das Songwriting. Es gibt an dieser Platte nicht auszusetzen, eine der 10 besten Pop-Produktionen überhaupt.

Auf die Interviews mit Quincy Jones, dem Mann an den Reglern hätte ich persönlich verzichten können. Aber dies ist eben eine Fan-Edition.

Little Village – Rasante Rhythmusarbeit und tolle Songs

Little Village war ein Studioprojekt der renommierten Musiker Ry Cooder (g), John Hiatt (voc,g), Nick Lowe (b) und Jim Keltner (dr). Die Vier bringen hier eigene Songs überwiegend aus der Feder von John Hiatt, die mit allen Genres der amerikanischen Folklore flirten. Das instrumentale Niveau ist durchweg beeindruckend. Ein beeindruckend kraftvoller und transparenter Sound, perfekte Rhythmusarbeit von Lowe und Keltner sowie unglaublich variable Gitarrenarbeit von Ry Cooder sorgen für Spannung und Abwechslung.

[amazonjs asin=“B000002LR2″ locale=“DE“ title=“Little Village“]

Auch die Songs selbst haben viel Substanz und zum Teil anspruchsvolle, aber auch witzige Texte. Hervorzuheben sind:

„Do You Want My Job“ – eine bitterböse Anklage auf Umweltverschmutzung und Globalisierung, die im zuckersüßen Gewand einer südamerikanischen Ballade daherkommt und daher konsquent als langsamer Rumba (!) gestaltet ist.  „Inside Job“ – kraftvoller transparenter Rock mit spannendem Text.  „Fool Who Knows“ – eine poppige Rocknummer mit Ohrwurmqualitäten und toller Rhythmusarbeit.

Kein Wunder, dass diese vier Musiker von Kritikern hoch gelobt und als Studiomusiker mehr als gefragt waren.

Little Feat, Sailin' Shoes – Meilenstein im Songwriting einer guten Band

Little Feat war (und ist teilweise auch ohne den bereits 1979 verstorbenen Lowell George) eine Band, die außergewöhnlich gehaltvolle Songs schuf. Auf ihrem zweiten Album zeigt die Band hier bereits, in welcher Liga ihr Songwriting spielt; die Qualität der Songs ist grandios – es fehlt teilweise nur noch an der auf späteren Alben zu bewundernden perfekten Umsetzung des Materials als Band.

[amazonjs asin=B000002KE0]

[rating:4]
Hervorzuheben sind
– Easy To Slip, eine gleißende, schnelle Southern-Rock Nummer
– Cold, Cold, ein schwerer Rocksong mit vertrackten Synkopen und tollem Text
– Willin‘, der ultimative und tollste aller Fernfahrer-Songs, unerreicht und wahrscheinlich eine der 10 besten Country Hymnen überhaupt
– Apolitical Blues, ein SlowBlues mit witzigem, satirischem Text, genau richtig für Freunde des frühen Frank Zappa

Und dies ist nur die Spitze des Eisbergs – ein Song ist besser als der andere. Little Feat decken hier praktisch die gesamte Bandbreite der amerikanischen Rockmusik ab und schaffen ein Rockalbum, das auch nach 30 Jahren noch interessant und hörenswert ist. Und die Songs sind zu Recht von zahllosen Bands gecovert worden.

Einen Punkt Abzug gibt es nur für die (historische) Aufnahme mit starkem Bandrauschen und das manchmal etwas unausgewogene, leicht holprige Zusammenspiel der Band. Auf späteren Alben und Live erreichte die Band allerdings bald darauf ein Niveau auch im Zusammenspiel, von dem fast alle anderen Bands heute noch träumen.

Miles Davis – You're Under Arrest

Man Miles Goes Pop – aber wie, 9. September 2006
[amazonjs asin=B000026H35]
[rating:3]
Ein unglaublich treibendes, funkiges, spannendes, nervöses…. Popalbum. Ja, dies ist kein Jazz mehr. Und geht ab wie die Lucie.

Eine schier unglaubliche Rhythmusgruppe (am Bass ist hier Darryl Jones zu hören, der sich seither wohl bei den Rolling Stones täglich langweilt) knallt den Funk raus und MD streut sparsam, mit perfektem Timing und unglaublich pointensicher seine knappen Trompeteneinwürfe.

Time After Time ist ein absolutes Highlight, besser als das Original, melancholisch, verwehend, die Improvisation eines alternden Jazzmeisters über einen zeitlosen Popsong. Aber die geräuschhaften „street scenes“ und der sparsame Song „katia“ sowie ein anderer Pop-Klassiker „Human Nature“ sind auch Perlen. Einen Punkt Abzug, weil nicht alle Songs so gut und gültig sind wie die hier genannten-; teilweise zerfasert die Platte in Geräuschcollagen und Fragmenten – da wurden in meinen Augen Plattenminuten gefülltt.

MD hatte wohl bereits gesundheitliche Probleme, als diese Platte gemacht wurde. Wenige Jahre später sah ich ihn im Konzert – immer noch die perfekte Band, aber Trompete spielen ging kaum noch.

So hat die Platte bei aller Vitalität auch einen Hauch von Abschied und Schmerz in sich.

Brian Wilson – Live At The Roxy (2002)

Mehr Pop, Stimmung und Handwerk geht einfach nicht, 24. August 2006
[amazonjs asin=B00005UMQC]
[rating:5]

Brian Wilson live nach langer Krankheit und tiefer Depression mit einer ausgebufften Live-Band. Diese beiden Live-CDs sind mit das beste Stück LIVE, was es in der Popmusik überhaupt gibt.

Brian Wilson ist der Mozart des Pop. Und diese extrem komplex arrangierten Songs überhaupt live zu singen, grenzt handwerklich gesehen schon an an einen Husarenritt. 5stimmiger Gesang, einfach brilliante Arrangements, da stören einige schräge Töne vom Meister und seinen Freunden nicht. Und die schrägen Ansagen „.. oh, eight cigarette lighters tonight..“ sind ein schnuckeliges Extra.

Was bei den Studio-Produktionen der Beach-Boys unter Tonnen von zeitgeistigem Band-Müll teilweise verschwindet. Und was bei den Studioplatten an Spontanität, an zartem Gefühl für Musik fehlt – hier ist es. Glanz, Emotion, Hitqualität, Perfektion – alles, was Pop ausmacht in einem Livealbum. Für mich ist Little Feat „Waiting for Columbus“ die handwerklich perfekteste Live Doppel-CD im Rock. Und dies die schönste Live-Pop-Platte. Geeignet für jeden von 6 bis 60 und selbst Klassikfans werden daran ihre Freude haben.

Richard Hawley – Coles Corner (2005)

Warme Ambient-Music ohne Synthi – Song und Sound,

[amtap amazon:ASIN=B000AMSJQK]
[rating:4]

Richard Hawley hat den selben Vertrieb wie beispielsweise Depeche Mode und Yazoo, nämlich das renommierte Label Mute Records. Das zeigt schon ganz gut die Richtung: Dies ist eine Sammlung von Songs, die von den Texten wie Miniaturen kommen. Kleine Beobachtungen, kleine Gefühle, kurze Statements. Die Musik ist der reine Sound.

Richard Hawley ist ein Gitarrist und Soundtüftler vor dem Herren. So eine Wand von geloopten, gesampelten, getüftelten, geklöppelten Gitarren und anderen Saiteninstrumenten habe ich noch nicht vorher gehört. Er singt mit warmer Stimme in einer absolut perfekten Produktion. Ein Klangerlebnis, aber für meinen Geschmack etwas zu gleichförmig langsam bedächtig – eben für Winterabende und nix für den Sommer.

No Country – müder Kommerz von zwei Ausnahmekünstlern

[amazonjs asin=B000EXZ9P4]
[rating:1.5]

Nein, dies ist keine Country Platte. Country ist Steave Earle, Dixie Chicks, Emmylou Harris, Loretta Lynn oder Hank Williams. Dies ist eine auf Mainstream und Radiotauglichkeit für warme Sommerabende designte Produktion, bei der offensichtlich Herr Knopfler die ungute Idee hatte, die wohl renommierteste Sängerin des Country zu benutzen, um einen Crossover-Effekt zu erzielen.

Müde Songs, fast ausnahmslos Slow-Motion, durchschnittliche Gitarrenarbeit des Herrn Knopfler, dessen E-Gitarrenspiel sich anhört wie ein britischer Bluesrocker, der einen VHS-Kurs Country belegt. Das Schlagzeug schleppt (ist wahrscheinlich alles aus der Ferne produziert) und die wenigen Momente, wenn Emmylou mal nicht nur die Backings für Herrn Knopfler, sondern selbst vortragen darf, sind viel zu selten.

Emmylou Harris wäre gut beraten, mal wieder selbst eine Platte zu machen. Wer Country will, halte sich zum Beispiel an die oben stehenden Künstler.

Bluegrass nach vorn – handgemachtes Sommeralbum

[amazonjs asin=B000FFL3AQ]

[rating:3.5]

Die Del McCoury-Band legt hier DAS Sommeralbum des Jahres 2006 für Freunde handgemachter Musik vor. Zwei helle Stimmen im Satzgesang, eine perfekt eingespielte Band mit Kontrabass und diversen Saiteninstrumenten und Auswahl frischer, überwiegend schnell und treibender Songs klingen, als hätte Elvis Presley seine Sun-Sessions in 2006 mit Hilfe modernerer Musiker eingespielt. Lassen Sie sich durch das Etikett Bluegrass nicht abschrecken: Das ist handgemachter Roots-Rock aus der Country-Ecke und für jedes Autoradio brauchbar; erfrischend und handwerklichlich perfekt. Übrigens: Wie bei dieser Sorte von Musikern üblich eine Produktion, die klangtechnisch keine Wünsche offen lässt.

Etwas befremdend allerdings für mich die christlichen Texte: „It’s Suprising, what the Lord can do. Make a sinner almost new..“ – das ist die christliche Waschanlage für Gebrauchtwagen, die mich als weniger christlichen Menschen nicht so anspricht. Andererseits erreicht die uralte Geschichte von David und Goliath „Five Flat Rocks“ doch ein gospelhaft Intensität, die bemerkenswert ist.

Lucinda Williams – Car Wheels On A Gravel Road

Singer/Songwriter Meisterwerk von Lucinda Williams, 15. Juli 2006
[amazonjs asin=B000007Q8J]
[rating:5]

Lucinda Williams gehört zur lebendigen „neuen“ Country- und Roots-Rocker Szene in den USA wie auch der Produzent dieser CD Steve Earle. Sie schreibt ihre Songs ausnahmslos selbst über Themen wie Trennung, Einsamkeit und auch den ewig schwätzenden Langeweiler. Mit rauer, brüchiger Stimme, eingebettet in feine, extrem abwechslungsreiche Gitarrenarbeit und einer erlesenen Auswahl von Songs. Eine unglaublich durchsichtige und durchhörbare Produktion mit exzellenten Begleitmusikern, vor allem Steve Earle, der einige Songs im Duett mit bestreitet.
Dies ist eine CD für Texthörer, Gitarrenfreunde, Chansonliebhaber, Romantiker und auch Rootsrocker – fantastisch!

Country Girls für Jeden

[amazonjs asin=B0001WNTSC] [rating:3]

Diese Compilation ist ein guter Querschnitt durch den zeitgenössischen Country, soweit dieser von Frauen interpretiert wird. Die Auswahl der Songs deckt die gesamte Bandbreite dieses jetzt auch in Europa zunehmend populären Musikstils ab:

Von der traditionellen Bluegrass-Nummer über die (für mich immer wieder unerträgliche-) Schmachtballade mit Geigen und Texten wie „Frau gehört an den Herd und wartet nur auf den Cowboy“ bis hin zu großartigem, textlich und stimmlich ambitionierten Contemporary-Country. Und letzteres ist nach Dolly Parton, Emmylou Harris und den alten Damen für mich die große Freude.
Ganz großartig und perfekt wie meistens Deanna Carter (ja, die Tochter von June C.). On The Cover Of The Magazine ist einfach witzig, toll arrangiert und und vor allem auch durch wirklich bediente und perfekte Gitarrenarbeit geadelt. Und wer Country für blöd und langweilig hält, soll doch bitte einfach mal diese kleine Perle nachträllern. Wir sprechen uns wieder 🙂

Auch Sioubhan Maher-Kennedy und diese (wie heißt Sie noch?) Braut von Bruce Springstein kommen modern und gut rüber.

Für einen Sampler (der ja immer einige Durchhänger hat) – kaufenswert!

Quincy Jones: And Black Music – DIE Produzentenplatte

[amazonjs asin=B000002LJA]

[rating:3.5]

Er hatte sie alle: Die bekanntesten und besten Musiker der schwarzen Musik, er hat die besten Alben schwarzer Musiker des letzten Jahrhunderts betreut, produziert und gemacht. Und dies ist eine, nein DIE Produzentenplatte. Total überproduziert. Jeder Song ist ein Abenteuer in schwarzer Musik. Rap, heavy Funk, Acapella, hymnischer Gospel, slow Soul und die unglaublichsten Vocals, die es auf einer CD für Geld zu kaufen gibt.

Die Liste der Mitwirkenden liest sich ja wie eine Top-10 Liste. Aber allein die Arrangements sind schon Klasse. Unglaublich variable und stilsichere Stimmführung. Geschickter Einsatz aller Stilmittel der schwarzen Musik. Und ich liebe den Titelsong sowie die wunderbare und total überdrehte „Human Beat Band“ – eine Acapella der besonderen Art. Auch „Tomorrow“ – eine tolle Gospelnummer mit dem begabten T. Campbell (eine Entdeckung von Q und mit viel Gewinn auch auf CDs von Prince und Michael Jackson vertreten) ist die ultimative Gospelhymne.

Dass der Meister diese sehr unterschiedlichen Künstler zusammen bringt und ihnen auch die passenden Songs schneidert, ist ein großer Verdienst und hört sich einfach klasse an.

Leider ist die Platte aus heutiger Sicht etwas zeitgeistig produziert: Knallige Samples, die 2 und 4 knallen wie verrückt und viele Synthiesounds mag ich heute einfach nicht mehr hören. Aber das ist nur ein kleiner Stern weniger – absolut hörenswert.

Zappa konnte Live am besten

… denn der genialische Tüftler stand sich bei seinen Studiowerken häufiger selbst im Weg. Erst mit seinen sorgfältig zusammen gestellten Bands konnte der Maestro zeigen, was in seinen Songs für Substanz steckt auch jenseits der provokanten Experimente.

[amazonjs asin=B000AA4IH6] [rating:4]

Hier hatte er gerade eine neue Band zusammen gestellt, mit zwei gnadenlos guten Sängern richtige „Rampensäue“ dabei und die Mothers grooven wie Hölle. Für mich die beste Live-Band der frühen Siebziger, völlig abgedrehte (aber lustige) Texte und eine auf den Punkt reagierende, homogene Band. Rasante Tempowechsel, irrwitzige Gesangseinlagen („Happy Together“ gefolgt von „Tears began to fall“) und vor allem die unfasslich konzentrierte Live-Atmosphäre sind einfach Klasse.

Eines meiner 10 Rock-Livealben für die Insel.

Anderer Anspieltipp aus dieser Zeit ist „Just Another Band From LA“.

The Nylons – Live!

[amazonjs asin=B00000I9P4] [rating:3.5]

Bei dem hier mitgeschnittenen Live-Konzert Anfang der 90er hatten die vier Gesangswunder aus Canada ihre ersten Erfolge schon hinter sich. Und waren als Gruppe nach 10 Jahren (!) so weit eingesungen, dass sich auch für das Publikum ein solcher Auftritt lohnt. Die Audienz ist hörbar begeistert und geht gut mit – ein richtiges Live-Konzert.
Ganz entspannt, mit recht witzigen Moderationen („itŽs so lonely at the top“) und einem sehr breit gefächerten Repertoire zeigen die 4 Alles. In Good Old Acapella und dem rasanten Heavenly Bodies , den beiden markantesten Uptempo Nummern, bekommen wir die gesamte technische und sängerische Bandbreite dieser außergewöhnlichen Band serviert. In dem bekannt Sam Cooke Klassiker Chain Gang steigert sich die Band in eine wahre Rhythmus-Orgie hinein. Klassische 1 Bass – 3 Voices Stimmführung, wobei der Bass (!) den Ton angibt – perfekter und mitreißender hat noch niemand diesen oft gecoverten Song gebracht.
Diese Aufnahmen reißen jung und alt mit und werden mit großer Perfektion vorgetragen. Rasante rhythmische Uptempo Nummern wie das großartige Good Old Acapella wechseln ab mit für diese Band eher ungewohnten Balladen.
Die sehr klassisch gehaltene Version des bekannten Dream der Everly-Brothers etwa ist hier gut gelungen. Dieses Stück ist ja unendlich oft gesungen worden und trotz seiner harmonischen Schlichtheit eine ganz große Herausforderung an jede Acapella Group. Ganz auffällig bei diesem Stück: Die enormen technischen Möglichkeiten der Bandmitglieder werden nur sehr dezent ausgeschöpft und ordnen sich voll dem künstlerischen Ziel unter. Und doch ist die fast unauffällige, aber atemberaubend livehaftige und perfekt gesungene harmonische Wendung am Ende des Stückes mit einem wilden Glissando des Basses der perfekte Abschluss für diesen Song. Die ganze Banalität des Originals verschwindet und weicht einem fast mystischen Hoffnungsschimmer. Der Sänger träumt hier nicht nur mal so beiläufig zwischen Eisdiele und Autotrip vor sich hin wie im Original der EVERLY BROTHERS. Hier wird der Song -wie bei den Persuasions, die Ähnliches mit anderen Mitteln erreichen- ernsthaft und bekommt eine hymnische Qualität.
Gut gefällt mir auch das oft gecoverte One Fine Day – es wird meist als superlangsame Ballade angegangen. Die vier reizenden Herren hier nehmen das Stück in rasendem Tempo und geben der Sache mit dem hoffentlich zurückkehrenden Liebhaber damit eine ganz neue, drangvoll optimistische Seite.
Die Scheibe ist auch für Neulinge im Acapella gut geeignet wegen der großen stilistischen Vielfalt und der perfekten gesanglichen Darbietung.

Linda Ronstadt – Country Rock goes Jazzy Tunes

[amazonjs asin=B000269QX4] [rating:4]

Linda Ronstadt war mir bisher eher weniger und nur aus der Country-Rock Ecke bekannt. Durch Zufall komme ich an diese Scheibe und bin angenehm überrascht:
Souveräne Songauswahl, nett instrumentiert (auch mit Celli und Geigen)und eine angenehme, unangestrengte Altstimme, der jedenfalls ich die vielleicht 30 Jahre Gesangs- und Bühnenerfahrung anhöre. Natürlich ist die Dame kein Gesangswunder wie die großen Diven des Jazz. Aber ausdrucksstärker und variabler als Norah Jones und Co. ist das allweil.
Besonders gut gefallen mir die rein akustische, teilweise durch Flügelhorn und geschmackvolle Streicher angereicherte Begleitung. Und so locker und gekonnt habe ich den abgedroschenen Cry Me A River lange nicht gehört. Miss Otis Regrets (eine alte Mills Brothers Nummer) kommt elegant und balladesk, wie das diesem Song angemessen ist.
Fazit: So entspannt und gekonnt können das vielleicht nur Country-Folks – Kammerjazz der angenehmen Art.

Steve Earle – Mandoline und Marshall vorwärts!

[amazonjs asin=B000002NIC] [rating:4.5]

Steve Earle sieht auf dem Liner-Photo noch nicht wieder so richtig erholt aus. Aber die 12 runden und tiefen Songs dieses Albums zeigen, dass der Künstler auf dem Weg nach vorn ist.

Es geht mit „Christmas in Washington“ dramatisch – fast todtraurig – los; so viel Tiefe in Text und Gesang mit einer Akustischen habe ich schon lange nicht mehr gehört. Gleich der zweite Titel ist BLUEGRASS – das glaubst Du nicht! Und wie das abgeht. Es folgen ein paar der besten Rocksongs, die ich außerhalb der „echten“ Bands in letzter Zeit gehört habe. Aber immer seltsam instrumentiert – mindestens drei Gitarren, Mandoline, handmade eben. Poison Lovers hat dann wieder diese magische Tiefe. Und Ft. Worth Blues am Ende ist schwarz, schwärzer…

Steve Earle pflügt sich gekonnt durch die amerikanische gitarrenlastige Songwriter-Tradition; ein leicht sperriges, aber sehr schönes Album aus einem Guss.

Little Feat – Dixie Chicken (1973)

Schmelz, Druck und DIE Band

[amazonjs asin=B000002KEP] [rating:5]

Dixie Chicken ist eine meiner 10 Platten für die Insel (im Wechsel mit der ebenfalls fantastischen Live-Scheibe „Waiting for Columbus“. Die Aufnahmequalität ist historisch, aber die Songs – diese Songs…

Two Trains ist ein Einstieg für Leute, die auch von ungeraden Metren nicht verwirrt werden. Leicht akademisch, aber „very steamy southern style – man“. The „Fat Man in The Bathtub“ dürfte bekannt sein. Federnder Rhythmus, lustiger Text a’la Zappa und der coolste Einsatz von Cowbells überhaupt. Kein Wunder. Teile der Band haben sich im Clan von Frank Zappa kennen gelernt.

Dixie Chicken mit seinem vertrackten Rumba-Shuffle begeistert die Fans der Band live ohne Ende und gehört mit seinem witzigen Text (man denke nur an „From Dusk Till Dawn“) zu den Highlights des intelligenten Rock. Hier in einer mehr akademischen und noch stärker vom Fender-Rhodes des Tastengottes Bill Payne dominierten Version.

Aber ich liebe die Feats und Lowell George liebt so schön und unglücklich. „Roll Um Easy“ ist mit der intimen Gitarrenbegleitung einer der tollsten Torch-Songs überhaupt.

Dies ist sicherlich keine Platte für Freunde des Mainstream. Aber wer Rock auch jenseits der 4/4 mag, findet hier DIE Songperlen der 70er – have fun….

Persuasions Sing The Beatles (Chesky)

[amazonjs asin=B00005UT6R]

Die Persuasions sind nicht nur eine Acapella und Vocal Legende, sondern auch in der Lage, die legendären Beatles komplett neu zu Gehör zu bringen. So habe ich Beatles Songs jedenfalls noch nicht gehört.

Es gibt Vocal-Groups, die mehr auf Schönklang achten (King’s Singers) oder die wesentlich ausgefeiltere Arrangements haben (wie die Nylons). Aber keine Vocal Group hat diesen magischen Groove, diese Wärme, Souveränität und vor allem so viel Stil! Minimalste Grooves (Rocky Raccoon), lockere, zum Teil fast punkige Interpretationen oft gehörter Titel und eine tolle Auswahl der Titel. Ein Punkt Abzug nur für die manchmal etwas einfallslose Führung der mittleren Stimmen. Aber die Jungs machen das eben seit 30 Jahren so. Der Sound ist wie immer bei dieser Gruppe natürlich, intim und ein Leckerli für jeden Stimmen-Freak.

Ich kenne viele Acapella-Interpretationen von Beatles Songs. Diese hier sind anders: Intim, ohne aufwändige Stimmführungen, eher minimalistisch und sehr sehr bewegend. Aufgenommen in der Ecke einer Kirche auf ein Stereo-Mikro in „One-Take“ zeigen die Persuasions ihre ganze Erfahrung und singen am Stück ihre Art von Beatles. Kein Schönklang und keine „Best of“ Sammlung.

Und die Platte gewinnt, wenn Sie in einem Zug gehört wird. Der magische Groove der Gruppe wird immer intensiver und zum Schluss hat man das Gefühl eine Gospel Session mit Musik von Mozart in einer Produktion von Frank Zappa unter Beteiligung von Donald Fagen zu hören – einmalig!