Brunnen und Populismus am Breslauer Platz

Eine der seltsamsten Bürgerversammlungen aller Zeiten erlebte ich vor etwa einem Jahr im Rathaus Schöneberg zum Thema Brunnen am Breslauer Platz. Erschienen waren etwa 30 Anwohner überwiegend älteren Semesters, die sich zu einer Bürgerinitiative Breslauer Platz zusammengefunden haben, der technische Leiter der Berliner Wasserbetriebe, seine für Trinkwasserbrunnen zuständige technische Mitarbeiterin, die fachliche zuständige Bezirksstadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsaufgaben und Grün Christiane Heiß (Grüne), weitere Mitarbeiter des Bezirksamts und die Bezirksverordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD in der BVV Tempelhof-Schöneberg, Frau Marijke Höppner (SPD).

Die Empörung der anwesenden Bürger, vorgetragen in zumeist entrüstetem Ton und teilweise in breitem Schwäbisch war groß. Dem Bezirksamt wurde Versagen vorgeworfen, den anwesenden Fachleuten der Berliner Wasserbetriebe Inkompetenz und unzureichende Kenntnisse im Bereich Trinkwasserbrunnen. Mehrere rüstige Rentner erklärten im Brustton der eigenen Kompetenz, sie hätten durch telefonische Erkundigungen insbesondere bei den Wasserbetrieben der Stadt Wien längst herausgefunden, wozu Bezirksamt und Berliner Wasserbetriebe offensichtlich nicht in der Lage seien, nämlich dass es Brunnen gäbe, die ganzjährig in Betrieb bleiben können und natürlich wesentlich besser aussehen als die Trinkwasserbrunnen der Berliner Wasserbetriebe. Ein anderer Teilnehmer erklärte, er sei ja schon in Rom und Paris gewesen. Da seien die Brunnen sowieso schöner. Warum so etwas nicht in Berlin möglich sei.

Worum es bei dieser von der örtlichen SPD Friedenau angestoßenen Versammlung eigentlich ging, ist heute wohl nur noch für eingeweihte Kenner der lokalen Politik nachvollziehbar. Der Breslauer Platz wurde aufwändig umgestaltet und dabei unter anderem die an der westlichen Weiterlesen

Freie Fahrt durch Fahrradständer

Manchmal bin ich so stolz auf meine Frau, die mittlerweile kampferprobte Stadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsaufgaben, Natur und Grün und viele sonstige arbeitsintensive Aufgaben beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Christiane Heiß (Grüne). Im Jahr 2012 (damals noch eifrige Bezirksverordnete ihrer Partei) bemerkte sie, dass der Eingang zum so genannten Cheruskerpark an dieser Stelle ständig durch Autos zugeparkt wird. Trotz Bordsteinabsenkung und teilweise so extrem, dass die Fahrradfahrer zwischen den geparkten Autos überhaupt nicht mehr durch kamen. Und stellte einen Antrag, das Bezirksamt möge hier tätig werden.

Nun, mehr als 5 Jahre später, sind die Bauarbeiten endlich abgeschlossen. Mit deutscher Gründlichkeit hat die Behörde (mittlerweile der ehemaligen Bezirksverordneten unterstellt) eine „Bürgersteigvorstreckung“ anfertigen lassen und viele viele Fahrradständer. Jetzt kommt man immerhin wieder mit dem Fahrrad von der Straße in den Park. Etwas weniger Fahrradständer hätten wohl auch gereicht. Mission completed.

Sündenfälle der Stadträtin?

In einem offenen Brief Sündenfälle der Dr. Klotz kritisiert der Verfasser die derzeit amtierende Stadträtin für (u.a.) Stadtentwicklung und Bauen, Dr. Sibyll Klotz (Grüne) und meint am Beispiel des umstrittenen Bauvorhabens Crellestraße 22a, die Stadträtin müsse sich stärker gegen Nachverdichtung engagieren. Er bezieht sich dabei auf einige auch in meinen Augen übertrieben defensive Äußerungen der Stadträtin in einem Artikel der TAZ, wo Frau Dr. Klotz u.a. zitiert wird:

 „Die Baumaßnahme … finde ich heftig, aber
das darf ich nicht entscheiden.“

Das ist so schlicht sicherlich nicht richtig – eine unglückliche Äußerung oder ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat. Dennoch ist es falsch, die erst seit 2012 amtierende Baustadträtin für die Probleme und Planungsfehler zum Beispiel in der Crellestraße zum Sündenbock zu stempeln. Denn das ist ein älteres Problem und nicht zuletzt eine Frage des Geldes. Ich habe dem engagierten Briefschreiber geantwortet und darauf hingewiesen, dass die jetzt zu beobachtende „Vorfahrt für Grundstücksaufkäufer“ Folge älterer Weiterlesen

Kerngebiet sorgt für Spielsalon XL

Nirgends wird die Wirrnis kommunaler Stadtplanung so plastisch wie am Tempelhofer Damm 1, wo kürzlich eine der größeren Spielhöllen des Bezirks direkt gegenüber dem Flughafen Tempelhof ihre Pforten öffnete. Übrigens in einem leicht herunter gekommenen Gebäude, dessen hoher Leerstandsanteil wohl auf die überzogenen Renditeerwartungen der Eigentümerin zurückzuführen sein dürfte. Hier steht der ehemalige Edeka-Supermarkt nebenan mit einer Fläche von ca. 600 m² seit etwa einem Jahr leer.

Spielhölle „Vulkan“ am Platz der Luftbrücke

Vorausgegangen war ein (nach Berichten im Stadtplanungsausschuss) für den Bezirk aussichtsloser Prozess gegen den Spielhöllenbetreiber, der die ihm zuvor durch den Bezirk verweigerte Gewerbeerlaubnis eingeklagt hatte. Was war geschehen?
Der Bezirk hatte diesen Bereich zwischen Flughafen und Ortskern Neu-Tempelhof bereits vor längerer Zeit als Kerngebiet ausgewiesen, ähnlich wie am Schöneberger Gasometer, wo der frühere Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) bereitwillig eine Kerngebietsausweisung betrieb, um einem Projektentwickler eine dichtere Bebauung zu ermöglichen. Wozu es an dieser trotz des Verkehrslärms eher ruhigen Ecke Tempelhofs ein Kerngebiet braucht, ist für Laien wie Experten unklar. Handelt es sich doch um ein typisches örtliches Zentrum, eine „local high-street“ eben. Und für solche ist ein Kerngebiet weder gedacht noch zulässig, sondern es

… ist eine mögliche Festsetzung in einem Bebauungsplan. Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben, insbesondere von großflächigen, die außer in Kerngebieten nur in eigens ausgewiesenen Sondergebieten zulässig sind, sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und der Verwaltung. Erlaubte Nutzungen sind Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Schank- und Speisewirtschaften, Anlagen für kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke. Vgl. §§ 7, 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung.

Weder gibt es an dieser Ecke großflächigen Einzelhandel, noch sonstige Merkmale eines Kerngebiets. Statt dessen befinden sich in der Nachbarschaft das Landeskriminalamt, mehrere Schulen, Kindergärten und eine Menge kleinerer Gewerbe, Einzelhandel, Fleischer, Tchibo und Praxen. Und es wird hier auch noch gewohnt. Ein recht lebendiger Kiez also. Wo auch nirgends ein Alexa Einkaufszentrum hinpasst oder ein Multiplexkino. Hier wollten die vom Größenwahn befallenen Amtsvorgänger der jetzigen Baustadträtin Sib

yll Klotz (Grüne) offenbar Grundstücksspekulanten anlocken. Oder litten unter Tempelhofer Großmannssucht. Und wollten die ansässigen Gewerbe und Wohnungsmieter ganz offensichtlich loswerden. Die Gewerbe durch Konkurrenz von Saturn und Co., die Wohnungen sind in einem Kerngebiet sogar ganz unzulässig.
Danke sagten die Spekulanten. Es kam zunächst der Leerstand und danach der Spielhallenbetreiber.  Weil Spielhallen in einem Kerngebiet ebenso generell zulässig sind wie Bordelle. Es sei denn, man ist sorgfältig und 

  1. plant kein überflüssiges Kerngebiet oder
  2. wenn schon Kerngebiet, dann schließt ein kluger Bezirkspolitiker unerwünschte Nutzungen durch Textzusatz aus.

Zu beiden Varianten hat es bei den genialischen Bezirkspolitikern von Tempelhof-Schöneberg hier und an vielen anderen Orten im Bezirk leider nicht gereicht. Also beantragte (und bekam) der Spielhöllenbetreiber seine Genehmigung für die Spielhölle. Und die Bezirkspolitiker Schworck und Band (SPD) lieferten vor der Bezirksverordnetenversammlung in der letzten Wahlperiode mehrfach dramatische Auftritte ab, in denen sie über ihre Rückzugsgefechte gegen Spielhöllen am Tempelhofer Damm berichteten.  
Reine Schaufensterpolitik. Denn die Spielhölle gibt es bei einem Kerngebiet gratis, wenn die Punkte 1. und 2. oben nicht beachtet werden. Das ist wirklich das ganz kleine Einmaleins der kommunalen Stadtplanung. Weshalb solche großmannssüchtigen Kerngebietsausweisungen ebenso verzichtbar sind wie die Politiker, die solchen Unfug anzetteln.
Jetzt rudert der Bezirk gezwungenermaßen zurück. Der frühere Bezirksverordnete Andreas Baldow (früher auch SPD, jetzt CDU) verkündete vor dem Stadtplanungsausschuss, man beabsichtige die Rückstufung mehrerer Kerngebiete im Bezirk, zunächst wohl am Tempelhofer Damm 1. Baldow, der bis zu seiner Rochade in das Stadtplanungsamt des Bezirks zuletzt am Gasometer ein glühender Befürworter sinnloser Kerngebietsausweisungen war, darf also den Blödsinn reparieren, den er zusammen mit seinen ehemaligen Tempelhofer Parteifreunden Band und Schworck sowie dem ehemaligen Baustadtrat Krömer angezettelt hat.
Da solche Möchtegernpolitiker regelmäßig nicht lernfähig, sondern nur pensionsfähig sind, wäre die sauberste Lösung die Rückgabe des gesamten Stadtplanungsrechts und aller Kompetenzen in diesem Bereich an die zuständige Senatsverwaltung. Vielleicht hat man dort mehr Überblick, wo in Berlin Kerngebiete mit überörtlicher Ausstrahlung sind und wo nur lokale Zentren mit Wohnen und Kleingewerbe (und ohne Spielhöllen).

Lothar’s Misere

Winter mit Leuchtwerbung – Foto: Rolf Brüning
Was hat der Petersburger Dialog mit dem Gasometer zu tun, Putin mit Projektentwickler Reinhard Müller und rückwärts? Ganz einfach: Es gibt die hohe Bereitschaft aller Beteiligten, sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen und für Lichtbilder zu posieren. Und überall ist Lothar de Maiziere dabei. Und der hat (außer seinem Spitznamen) auch ein Problem: Keine Action und mediokre Außendarstellung!
Am Gasometer verschaffte Lothar seinem Geschäftsfreund Reinhard Müller ein Ticket zum Petersburger Dialog. Was Müller wiederum ausnützte, um in zahlreichen Fotos und Presseerklärungen seine innige Verbundenheit zum sozialistischen Bruder im Osten zu dokumentieren. Zum Beispiel auf einem wie be-/gestellt wirkenden Gruppenfoto, wo vorn ein maskenhafter Putin und hinten wie Kai aus der Kiste ein Müller mit Fliege zu sehen war. Außer der Kontaktpflege und schönen Erinnerungsphotos ist von diesen Aktivitäten nicht viel geblieben: Die Russen kamen nicht an den Gasometer, der Moskauer Immobilienmann Ogirenko (ganz früher im Firmengeflecht Müllers vertreten) wird nicht mehr gesehen und der Gasometer selbst mit seinem Behelfsbau „WM-Kuppel“ funktioniert ganz prächtig – aber als Veranstaltungslocation und nicht als russisches Energie(macht)zentrum.
Jugendfoto: Lothar und Angela; Quelle: Bundesarchiv
Und jetzt wird Putin nicht mehr Träger des „Quadriga“ Preises – welch Bedauern und Misere für Lothar. Was der mit dem Quadriga-Preis zu tun hat? Der sitzt auch im Vorstand des Trägervereins, dessen erster Vorsitzenden der in Berlin für seine Verdienste um die Bauwirtschaft nicht unbekannte Klaus Riebschläger war. Vor lauter Schreck wird der „Quadriga-Preis“ offenbar 2011 überhaupt nicht vergeben. Das Motto „Leadership“ für dieses Jahr ist offenbar nur noch schwer personell zu besetzen. So viel zu Lothars Misere – Konzepte von vorgestern mit Häppchen und möglichst großen Namen.
Vielleicht hilft ihm sein Kumpel Reinhard ja aus der Patsche und lässt sich als echter Leader vom Gasometer noch schnell für 2011 nachnominieren.

Grünkohl, Dialog und Tempelhofer Probleme

auch mit der deutschen Sprache. Offenbar angeregt durch eine kleine, in eine Art Tempelhofer Sumpf zielende Bürgerfrage in der letzten BVV (deren Hintergründe hier noch nicht verraten werden) meldete sich Wolfgang „Ed“ Koch zu Wort. Er ist ein älterer Herr, der unter anderem Herausgeber des jugendpolitischen Pressedienstes paperpress (und scheinbar auch dessen Hauptautor) ist.

Suche nach Grünkohl auf der Homepage von paperpress

Außerdem macht Herr Koch noch manches andere. Er engagiert sich für Grünkohl ebenso deftig wie für den Mariendorfer (wo ist das noch gleich) Rocktreff, die Fortbildung zu Fragen des Töpferns und hat angeblich nebenher auch noch Zeit, die Öffentlichkeitsarbeit der Tempelhof-Schöneberger Bezirksstadträtin für Jugend und Solches, Angelika Schöttler (SPD) zu betreuen (wofür der Mann hoffentlich ein Gehalt im öffentlichen Dienst bezieht).

Google-Treffer – Papier eines freien Trägers

So richtig unübersichtlich wird es allerdings erst dann, wenn Herr Koch mal über sein liebstes Projekt außer dem bereits erwähnten Rock-Treff, nämlich die vielen Empfänge am Gasometer und deren Kritiker berichtet. Da entgleist der Monolog, nämlich

Wir hatten einmal vorgeschlagen, dass sich die BI mit Reinhard Müller treffen und sich alles, was auf dem Gelände bisher passiert ist und noch geschehen wird erklären lassen soll. Damit das Gespräch unverkrampft abläuft, hatten wir angeregt, dieses ohne Presse durchzuführen

und wird wenige Zeilen später zu einem (selbstverständlich ergebnisoffenen-) Dialog, nämlich hier:

Als „schwer verständlich“ bezeichnete Ziemann, dass sich die BI „zu einem ungestörten Dialog mit dem Projektentwickler (‚ohne Presse’) einfinden soll.“ Der Stil der BI ist bekannt, wer nicht Ziemanns Meinung ist, wird auf seiner Seite angezählt. Und dass Ziemann einen Vorschlag zum Dialog als „schwer verständlich“ wertet, ist nicht nur schwer, sondern überhaupt nicht zu verstehen. Nein, kein Dialog, kein Gespräch, man könnte ja seiner festgefahrenen Meinung beraubt werden. 

Wer der deutschen Sprache mächtig ist, erkennt hier die Freud’sche Fehlleistung. Am liebsten unterhalte ich mich mit Menschen, die Deutsch können UND interessant sind. Was man wohl von dem Verfasser solcher Schwullereien nicht behaupten kann.

Reinhard Müller denkt in die Zukunft

Heute stellte Projektentwickler Reinhard Müller dem Ausschuss für Kultur des Bezirks Tempelhof-Schöneberg seine Visionen rund um den Gasometer vor. Aus nicht bekannten Gründen fand die planmäßige Sitzung des Ausschusses im Gebäude der Alten Schmiede auf dem Gasometergelände statt.

Bemerkenswert waren einige Äußerungen von Projektentwickler Müller. Zu dem unendlichen Thema der immer wieder verschobenen Energie-Universität gab sich Müller weiter geheimnisvoll:

Es stimmt nicht, dass die Energie-Universität nicht kommt, wie die Bürgerinitiative immer behauptet. Noch in diesem Jahr werde ich dazu eine Ankündigung machen.

Ist doch erfreulich: Der Großmeister der Ankündigungen und Versprechungen kündigt an, eine Ankündigung zu machen. Das hört sich für mich an wie ein heißer Wind im Pappkarton. Ist es vermutlich auch – wir werden sehen.

Noch schriller wurde es, als Müller auf Nachfrage aus dem Ausschuss auf das Verhältnis seiner ambitionierten Luftnummern zur benachbarten Roten Insel meinte:

Ich fühle mich nicht als Nachbar der Roten Insel. Ich orientiere mich in größeren Zusammenhängen.

Bald darauf verlor Müller völlig die Contenance und schnautzte einen Bezirksverordneten der Grünen an, der nach den Kosten der Sanierung des Bodens der Nordspitze fragte.

Nicht genug: Offenbar immer noch stark erregt stürmte Müller dann nach seinem Beitrag zur Sitzung auf Frau K., eine langjährige BI-Unterstützerin, zu und erteilte ihr sichtlich erregt Hausverbot. Wozu und warum – das müsste man den Landlord Müller wohl auch mal fragen. Hatte er doch früher stets erklärt, die gated area Gasometer-Gelände sei auch nichts anderes als das Sony-Center am Potsdamer Platz. Da haben die Leute von der Roten Insel bisher noch kein Hausverbot.

Eine Teilnehmerin der Veranstaltung gab ihren Eindruck so wieder:

Der ist ja völlig unvorbereitet und blubbert nur so rum.