Vor 70 Jahren verhaftet

Am 5. Juli 1944 wurde Julius Leber kurz vor dem missglückten Attentat auf Hitler vom 20.07.1944 verhaftet. Er hatte an einer konspirativen Sitzung mit Vertretern der SPD und der kommunistischen Partei teilgenommen – zusammen mit einem von den Kommunisten mitgebrachten Spitzel, der die Teilnehmer der Sitzung an die Gestapo verriet. 70 Jahre danach informiert die Initiative für eine Gedenkstätte Leber im Spenerhaus über die damaligen Abläufe. Und die für die mehrheitlich beschlossene Gedenkstätte in der Torgauer Straße zuständigen Stadträte Kaddatz und Krüger (CDU) finden das offenbar ganz schrecklich. Und es wird das haltlose Gerücht verbreitet, die Initiative würde die Fertigstellung des Grünzuges in diesem Bereich verhindern. Hoffen wir, dass es nicht wieder 70 Jahre dauert, bis eine der wichtigsten Figuren der Nazizeit auf der Roten Insel und in der Torgauer Straße angemessen sichtbar wird!

Crellestraße – 3 Linden und zwei Planungsfehler

Manchmal müssen Anwohner für die absichtlichen Sünden der Verwaltung (in diesem Fall von Ex-Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) büßen. Manchmal ist Verwaltung aber einfach auch nur vertrottelt und verpeilt. Wenn jetzt in der Crellestraße an der Langenscheidt-Brücke ein ebenso gesichtsloser wie massiver Block mit Eigentumswohnungen entsteht, dann ist das so ein Fall und die Folge von Beidem:

Die neu gegründete Bürgerinitiative kritisiert zu recht, dass an dieser Ecke massiv gebaut wird und dafür drei große Straßenbäume fallen sollen. Ein weiterer Artikel mit diesem Tenor findet sich auf dem rote-insel.blog. Den Betroffenen scheint es so, als hätte sich die Bezirkspolitik gegen sie verbündet und das würde momentan die aktuell zuständige Stadträtin Sibyll Klotz (Grüne) treffen. Dem ist aber nicht so. Eingetütet hat diese (das muss einmal so deutlich gesagt werden) Planungssünde der immer wieder durch überraschende und nicht kontrollierbare Winkelzüge aufgefallene Ex-Stadtrat Bernd Krömer (CDU) – er und nur er erteilte an den Gremien vorbei einen positiven Bauvorbescheid, auf den sich der Bauherr jetzt stützen kann. Und die bezirkliche Verwaltung verpeilte es schon vor Jahren (hier wie noch viel gravierender im Bahngraben entlang der Eylauer Straße). Obwohl bekannt war, dass die Entlassung großer Flächen aus dem Herrschaftsbereich der Bahn bevorsteht, verzichtete die Bezirksverwaltung letztlich (gegen die Beschlüsse der BVV) auf eine geordnete Bauplanung für diese Flächen. Und das führt letztlich dazu, dass am „Viktoriakiez“ überwiegend im unbeplanten Außenbereich gebaut wird und an der Crellestraße ein außerordentlich bauherrenfreundlicher Bauvorbescheid herausgereicht werden konnte, ohne gegen aktuelles Planungsrecht zu verstoßen. Denn es gab dort kein Planungsrecht, als Krömer selbstherrlich die Bauherren beschenkte.

Der in solchen Fragen überhaupt nicht zuständige, aber immer gern kommentierende Wahlkreisabgeordnete Lars Oberg (SPD) hat dies auf der SPD-Homepage ausführlich und zutreffend dargestellt. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Wahrscheinlich werden jetzt auch die Anwohner der Crellestraße hoffen, dass Krömer möglichst bald seinen Job als Staatssekretär bei CDU-Chef Frank Henkel verliert. Linden wachsen schneller als solche „Kommunalpolitiker“ verschwinden.

Julius Leber – die offenen Fragen

Am 18.03.2013 wäre Annedore Leber, die Ehefrau und Witwe des Widerstandskämpfers Julius Leber (SPD) 99 Jahre alt geworden. Sie betrieb an der Einmündung der Leberstraße auf die Torgauer Straße eine Kohlenhandlung, deren letzte Betriebsstätte noch heute in Form einer kleinen weißen Baracke sichtbar ist. In dem durch Bombeneinschläge zerstörten vorherigen Gebäude der Kohlenhandlung war der Anschlag auf Hitler organisiert worden. Im Hinterzimmer sozusagen. Dies wollten die Initiatoren einer Demonstration in Erinnerung rufen, die an dem lausekalten 18. März von der Julius Leber Brücke über die Leberstraße zur Torgauer Straße zog.

Demo "Gedenken Leber"

Demo „Gedenken Leber“

Die bei dem Umzug im Verhältnis zur Teilnehmerzahl reichlich vorgezeigten roten Fahnen konnten nicht darüber hinweg täuschen, dass der eigentliche Grund der Demo ernster war als rote Romantik: Die Baracke mit dem letzten sichtbaren baulichen Zeichen Lebers auf der Roten Insel soll nach dem Willen der zuständigen Stadträte Krüger und Kaddatz (CDU) so schnell wie möglich abgerissen werden. Und einer Steckdosenleiste mit Park weichen, so jedenfalls die bewusst Geschichte und Ort verleugnende Version der konservativen Bezirkspolitiker. Die nach einem total vermurksten „Kunstwettbewerb“ für das Gedenken an Julius Leber zuletzt sogar mit Schadensersatzansprüchen drohten für den Fall, dass jetzt nicht schnell gehandelt und abgerissen werde. Zeit also, diese unübersichtliche Gemengelage aufzuklären und die wichtigsten Fragen zu beantworten:

Warum Gedenken an Julius Leber?

Julius Leber vor dem Volksgerichtshof
Quelle: Wikipedia

Julius Leber ist einer der wichtigsten Widerstandskämpfer gegen Hitler. Er steht mit seinem Leben und Lebenswerk dafür, dass Widerstand gegen das dritte Reich keine Angelegenheit von romantischen Studenten und adligen Wehrmachtsoffizieren, sondern vor allem auch der SPD und der organisierten linken Politik war.

Julius Leber ist sozusagen der historische und politische Gegenentwurf zu Graf von Stauffenberg. Julius Leber ist Politik statt Tom Cruise, Partei statt Adel.

Julius Leber ist mehr als ein Name für einen S-Bahnhof oder eine Brücke. Er ist der historisch wichtigste Einwohner der Roten Insel, bedeutender als Marlene Dietrich, Alfred Lion und Friedrich Naumann.

Wer hat etwas dagegen?

Die CDU. Die konservativen Provinzpolitiker Jutta Kaddatz (CDU), Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur und Sport und Daniel Krüger (CDU), zuständig für die Neugestaltung des Grünzuges entlang der Torgauer Straße, sind offenbar fest gewillt, Julius Leber und dem sozialdemokratischen Widerstand gegen Hitler keine Chance zu geben. Vielleicht nur deshalb, weil Leber in der aus ihrer Richtung falschen Partei war. Frau Kaddatz führte trotz der eindeutigen Beschlusslage der BVV Tempelhof-Schöneberg, nämlich „Julius Leber ein würdiges Gedenken zu geben“ einen Kunstwettbewerb durch. Kunst schließt zwar Gedenken und Nachdenken nicht aus, die eingeschränkte Fragestellung (Kunst statt Denken) und der lächerlich geringe finanzielle Rahmen des Wettbewerbs (ganze 20.000 € waren ausgelobt – davon bleibt nach Umsetzung der Maßnahme praktisch nichts für den Wettbewerbssieger) sorgten für eine Steckdosenleiste als Wettbewerbsergebnis. Julius Leber und Geschichte wurden ausgeblendet. Provinziell peinlich, aber zweifellos gewollt.

Was will die SPD?

Julius Leber ist einer der wichtigsten Politiker der SPD in den 30er bis 40er Jahren. Mittlerweile will die SPD auch mehr als eine Gedenktafel. Nachdem man dort zunächst offenbar meinte, mit einem BVV-Beschluss zum „würdigen Gedenken“ sei die Sache sozusagen automatisch gelaufen, wurden auch die bezirklichen SPDler zuletzt wach. Und schwenkten auf der Demonstration rote Fahnen. Jetzt müssen sie nur noch das Gedenken und Nachdenken durchsetzen. Gegen CDU und angebliche Sachzwänge.

Was braucht Julius Leber?

Zunächst einmal Geld. Wesentlich mehr als die 20.000 €, die aus Mitteln des Stadtumbau West für ein Betonquadrat nebst Steckdosenleiste abgezweigt werden sollten. Ein Ort des Gedenkens und Nachdenkens über den deutschen Widerstand und Julius Leber als historische Person braucht nach Auffassung der Fachleute vor allem zwei Dinge:

Wettbewerbsbeitrag „Kohlenhandlung“

Sichtbarkeit und inhaltliche Gestaltung.

Ob eine entsprechende Gestaltung der Baracke der richtige Weg ist, wie in einem anderen (nicht prämierten-) Wettbewerbsbeitrag. Oder ob es sogar ein kleines Museum braucht oder eine ausführlich und sachkundig gestaltete Gedenkstätte: In jedem Fall ist der Ort, wo der Widerstand gegen Hitler geplant wurde, sichtbar zu machen und fachkundig zu gestalten. So dass dies zum Erinnern und Nachdenken anregt. Es muss ja nicht gleich ein Projekt wie das jüdische Museum sein. Nur historisch korrekt und sichtbar.

Wer kann Julius Leber?

Bleibt die Frage, wer das organisieren und finanzieren soll. Das in diesem Fall CDU-geführte Bezirksamt jedenfalls nicht, das haben die bisherigen Erfahrungen gezeigt. Das Bezirksverwaltungsgesetz erlaubt es leider nur in seltenen Fällen, den zuständigen Stadträten vorzuschreiben, was sie tun sollen. Und diese beiden Perlen der Provinzpolitik werden sich wohl bis zuletzt verweigern. Daher muss wohl das Land Berlin ran.

Es wird Zeit für die SPD, den Worten und Bekenntnissen auch Taten folgen zu lassen und über die Parteischiene Geld und Kompetenz auf Landesebene einzuwerben. Nicht nur hat der deutsche Widerstand überregionale, sozusagen hauptstädtische Bedeutung. Ob die Gedenkstätte deutscher Widerstand auch außerhalb des Bendlerblocks (heute sitzt dort das Bundesministerium für Verteidigung) tätig wird und sozusagen eine Zweigstelle betreut. Oder ob mit einer Mischfinanzierung aus Landes-, Bezirksmitteln und Mittel aus dem Stadtumbau West – es gibt genügend Institutionen und Personen, die zur inhaltlichen Konzeption bereit und in der Lage wären. Es fehlen nur noch Organisation und Mittel. Wer BBI-Desaster kann, für den sollte das ein überschaubares Projekt sein.

Was kann ich tun?

Es ist sicherlich nicht falsch, sich bei den beiden zuständigen Bezirkspolitikern zu beschweren. Und sie daran zu erinnern, dass Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung beachtet werden sollten. Und dass Steckdosenleisten nichts mit Geschichte zu tun haben.

Ansonsten sind die für das Thema engagierten AktivistInnen unter dem Dach des Stadteilvereins Schöneberg zu erreichen. Da lohnt es sich, mitzumachen. Für Geschichte statt Vermeidung.

Provinzposse und Steckdosenleiste für Julius Leber

Kohlenhandlung Leber (einer der Entwürfe)
An der Torgauer Straße 24-25 hatte die SPD-Ikone Julius Leber, einer der wichtigsten Protagonisten des sozialdemokratischen Widerstandes gegen das Naziregime, eine Kohlenhandlung. Dort wurde u.a. das Attentat auf Hitler geplant. Die Kohlenhandlung wurde nach Lebers Hinrichtung von seiner Witwe weiter betrieben, zuletzt in einer Baracke,  die heute noch auf dem Gelände gegenüber der Leberstraße steht. Und diese Baracke muss bekanntlich weg: Die Grünverbindung zwischen Cheruskerpark und Südgelände braucht Platz.
„Ein Ort würdigen Gedenkens“ für Julius Leber sollte an dieser Stelle entstehen, so die Beschlusslage der BVV Tempelhof Schöneberg. Was stattdessen passiert, ist die in Tempelhof-Schöneberg übliche Mischung aus Ignoranz, bezirkspolitischer Gutsherrenart und Chaos unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Wettbewerb unter weitgehendem Ausschluss der Fachöffentlichkeit. Eine Steckdosenleiste als Wettbewerbsergebnis (wie der TextBauer zutreffend berichtet)  für ein möglichst pflegeleichtes Pseudo-Denkmal. Und einige interessante Details am Rande:
  1. Bloss keine Fachkundigen: Für das Denkmal wurde ein beschränkter Wettbewerb durch das Bezirksamt veranstaltet. Und wer glaubt, da wären Fachleute zu Gange gewesen, irrt: Die Berliner Geschichtswerkstatt, seit Jahren in diesem Bereich aufklärend und forschend tätig, wird zwar eingeladen, hatte aber kein Stimmrecht. Die Gedenkstätte deutscher Widerstand, originärer Ansprechpartner bei einem solchen Anliegen und im Beschluss der BVV ausdrücklich erwähnt, wurde überhaupt nicht beteiligt. Stattdessen stellen zwei Stadträte der CDU sowie ein Mitarbeiter des Stadtplanungsamts das Preisgericht unter Beteiligung des Verbandes bildender Künstler. Wie groß das Interesse der CDU am deutschen Widerstand und Julius Leber ist? Das Ergebnis zeigt es deutlich.
  2. Nur kein Geld: Nicht mehr als 20.000 € durfte es kosten, das Gedenken. Das ist, was im Verfahren zu Recht kritisiert wurde, viel zu wenig für ein angemessenes oder sogar anspruchsvolles Erinnerungszeichen und reichte offenbar noch nicht einmal für eine anspruchsvoll formulierte Ausschreibung. Zudem dürfen keine Folgekosten entstehen. Pflegeleicht soll es sein, das Gedenken.
  3. Nicht mehr interessiert? Man sollte glauben, der SPD läge das Andenken an Julius Leber am Herzen. Stimmte bisher nicht. Die für geschichtlich-kulturelle Fragen in der BVV-Fraktion der SPD zuständige Bezirksverordnete Melanie Kühnemann erklärte zunächst auf Nachfrage, der Vorgang sei „für die SPD gelaufen“. Jetzt aber will man sich zusammen mit den Grünen für eine neue Konzeption einsetzen. Das Wettbewerbsergebnis würde dann nicht mehr zählen. Ob das die beiden zuständigen CDU-Stadträte interessiert, bleibt abzuwarten. Der SPD-Stadtrat Oliver Schworck argumentierte bei seinem Konflikt mit der BVV rund um den Lassen-Park jedenfalls stets, er sei an Aufträge der BVV nicht gebunden. Bis die Bezirksaufsicht ein Machtwort sprach. Vielleicht steuern wir auch in dieser Schöneberger Provinzposse auf einen solchen Konflikt zu.
  4. Die Trittbrettfahrer: Und dann ist da immer noch der Inbegriff des mit Antihaftmittel beschichteten Politikers, MdA Lars Oberg (SPD). Wie schon beim Gasometer, wo er stets engagierte Wortbeiträge lieferte, ohne zuständig zu sein oder gar Einfluss auf seine bezirklichen SPD-Genossen zu nehmen, taucht Oberg gern dann in der Öffentlichkeit auf, wenn er nicht zuständig und/oder schon alles gelaufen ist. Über Twitter hängt er sich an das Flugblatt empörter Anwohner und fordert zur Einmischung auf.
    Einmischung erwünscht? Tweet von Lars Oberg (SPD)

    Was das soll? Warum sich der dynamische Teflonpolitiker Oberg nicht selbst eingemischt hat oder Einfluss auf seine Fraktion nimmt? Diese Frage wird erlaubt sein. Und wer auf solch virales Selbstmarketing antwortet wie ich, bekommt richtig derbe Sprüche zu hören:

Jaja, die üblichen Reflexe. Dabei war mein Beitrag auf Obergs Bitte nicht schwer zu verstehen und sogar kurz:

Lieber Lars: Eher, teurer, sichtbarer, fachkundiger, überhaupt.
Abgesehen von den üblichen Reflexen Schöneberger Politiker bleibt da nur zu wünschen, dass Julius Leber bekommt, was er an dieser Stelle verdient hat: Möglichst bald mit ausreichendem Aufwand ein gut sichtbares Gedenken, das (von Fachleuten bitte!) sorgfältig vor- und aufbereitet wird. Und vor allem überhaupt ein Gedenken. Und keine Steckdosenleiste als bezirkliches Alibi. Noch einmal auf Los, bitte!

Spendenaufruf Kiezinsel

Kiezinsel (Quelle: TAEKS)

Achtung, wir können bis zu 1000 Euro für den Kiezgarten bekommen, wenn ihr alle mithelft Stiftungstaler von der VEOLIA Stiftung zu sammeln und im Kiezgarten oder im TÄKS Büro abgebt.

Der Kiezgarten hat im Jahr 2008 über die VEOLIA Stiftung eine Projektförderung als Projekt BAFF (was soviel bedeutet, wie Beratung, Aktivitäten und Förderung von Familien) über 3000 Euro für die Instandsetzung unseres Gartenhauses bekommen. Verwendet wurde das Geld für den Fußboden und für den Ofen.  3000 Euro reichten natürlich nicht für die gesamte Instandsetzung, deshalb kamen noch die Spendengelder vom Sommerfest 2008 und weitere Eigenmittel des Trägers hinzu. Weiterlesen