Kat Edmonson – Way Down Low (2013)

Kat Edmonson, die Sängerin mit der kratzigen, extrem modulationsreichen Stimme, ist meine große Hoffnung im Grenzbereich von Pop und Jazz.

Auf diesem ihrem zweiten Album trägt Sie eigenes Songmaterial vor, dessen ironische, nachdenkliche und doch immer heitere Machart mich immer wieder zu kleinen Lachern zwingt. Wenn Sie beispielsweise in ihrem Song „Champagne“ über das gleichnamige Getränk sinniert und dessen Auswirkungen auf ihren eigenen Umgang mit dem anderen Geschlecht – ganz leicht, immer etwas distanziert und dazu mit den drolligsten sängerischen „Tricks“ – schon mal ein angetrunkenes Mädel singen hören? Sie deutet das nur ganz kurz an und gut ist. Es ist zum Kugeln (den Song gibt es übrigens auch bei YouTube). Nie wird es platt, nie sentimental und wenn die junge Texanerin mit breit rollenden Vokalen raunzt, dass sie irgendwie nicht für „diese Zeiten“ gemacht sei (I Just Wasn’t Made for These Times), dann glaubt man ihr das sofort. Zwar nicht ohne Mikrofon, aber als Jazz-Pop Sängerin hätte sie auch in den 50er oder 60er Jahren große Karriere gemacht.

Ihre Gesangstechnik ist ebenso originell wie songdienlich: Sie raunzt, gurrt, dehnt Vokale wie früher vielleicht Amy Winehouse, variiert geschickt das Tempo und wechselt

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Térez Montcalm – Connection (2009)

Die Sängerin mit der kratzigen Stimme kann Cover


Térez Montcalm ist die Sängerin mit der leisen kratzigen Stimme, die beim Singen gar viel Geräusche (Gurren, Knurren, Juchzen …) macht und (finde ich) recht gut Gitarre spielt. Ihre große Stärke sind ganz eigentümliche und einfühlsame Interpretationen bekannter und unbekannter Songs von Anderen, die sie durch ihren interessanten Gesangstil und anspruchsvolle Interpretation spannend und neuartig zu Gehör bringt.

Auf Ihrem schon 5. Album aus dem Jahr 2009 bleibt Montcalm diesem Rezept treu. Produziert und einfühlsam begleitet von dem Gitarristen Michel Cusson und Gastmusikern (hervorzuheben der atemberaubend musikalische und wilde Jazzgeiger Jan Luc Ponty bei „Le Requien Danse“, einer Eigenkomposition Montcalms) hebt Montcalm ihre Songs stilübergreifend und sehr abwechslungsreich auf das Podest. Immer spürt sie die Besonderheit eines Liedes auf (bei dem U2-Gassenhauer „Where The Streets Have No Name“ beispielsweise das vertrackte Versmaß und den originellen Rhythmus), immer findet sie (wie bei dem Chanson „C’est Magnifique“ von Cole Porter) eine eigene Musiksprache. Porters Lied zum Beispiel wird von Montcalm gedehnt, das „LaLaLaLa“ fast absurd langsam gegurgelt; der Song hört sich auf einmal ironisch und komödiantisch an und passt. Wenn Montcalm den Gassenhauer „My Baby Just Cares“ anstimmt, dann nimmt sie zwar ein echtes Swing-Tempo (und der Song groovt auch hier wie Hölle). Aber sie zerkaut und raunt die schwüle Schilderung ihres Mannes so verhalten, dass es nicht nur originell, sondern auch angemessen sexy klingt wie es sich für eine richtige femme fatale gehört. Nie klingt es wie nachgesungen oder wie eine lahme Interpretation eines guten Songs. Ebenso wie ihr Album Voodoo aus dem Jahr 2006 ist dies ein ebenso musikalisches wie unterhaltsames Album einer sehr interessanten Musikerin. Unbedingt empfehlenswert.
[rating:4]

Barbara Dennerlein kann Orgel, aber

… ich muss zugeben, dass die B3 nicht mein Lieblingsinstrument ist. Eher für Effekte und Sound als für die erste Stimme. Ein Instrument, ohne das die legendäre Live-Version von Bob Marley „No woman, no cry“ nicht denkbar wäre. Aber auch ein Instrument, mit dessen Hilfe (so oder anders) Horden von Alleinunterhalten Hotelgäste und Besucher von Tanztees quälen. Schubidubi.

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Barbara Dennerlei, die perfekte Technikerin, macht aus dieser Not eine Tugend: Interessant arrangierte Kompositionen, die den Begleitmusikern viel Raum lassen, wilde Bläsersätze (hört sich manchmal an wie Dirty Dozen Brass Band) und witzige Details (wilde Singstimmen, harmonische Spielereien) – die Frau ist eine brilliante Komponistin mit viel Witz. Die etwas gleichmäßige Dynamik der Orgel gleicht die Band aus. Es ist extrem funky, es groovt wie die Sau.

Warum keine 5 Sterne? Es ist zu viel B3 für meinen Geschmack. Und das geht mir sogar bei Jimmy Smith so, und der ist wirklich ein ganz Großer. Und der Sound gefällt mir nicht, er ist zu spitz. Ein relativ geringer Dynamikumfang (DR=9 ist wenig für eine Jazzplatte), sehr spitze Bläser und wo bleibt der Griff zu den tiefen Registern? Wenn mein Lieblings-Orgler Brian Auger in die Tasten greift, dann wackeln vom Bass auch mal die Wände oder es wird ganz langsam. Hier dagegen kling es immer hell und gefällig. Und einige langsamere oder sogar dramatische Nummern (das geht auf der Orgel) wären auch ganz schön gewesen. Aber: Wer es flott und gefällig mag, hat hier viel Freude.
[rating:3,5]

Doris Day singt nicht ganz jugendfrei

Doris Day ist den meisten Deutschen nur bekannt aus einer Vielzahl zum Teil obskurer und teilweise sehr zeitgeistiger Filme und Komödien der 50er und 60er Jahre. Mit und ohne Rock Hudson. Mit und ohne Alfred Hitchcock, mit dem Sie (in Ihrem ersten filmischen Auslandseinsatz) den berühmten Film „Der Mann der zu viel wusste (1957)“ drehte. Dort sang sie ihren ganz großen Hit „Que sera, sera“ und dieser wurde zu ihrem musikalischen Markenzeichen. Mit dieser wie betoniert sitzenden Blondfrisur, dem freundlichen Gesicht und diesem clean look ist sie gleichermaßen Ikone der 50er Jahre und Inbegriff der sauberen amerikanischen Hausfrau – patent, freundlich und sauber. Doris Day ist aber auch die ausgefuchste Sängerin mit der nicht mehr jugendfreien Sahnestimme – technisch perfekt, in allen Stimmlagen zu Hause, ausdrucksvoll und nur scheinbar naiv macht sie aus dem banalsten Broadway-Schlager eine stimmliche Verführung des Hörers – scheinbar naiv, bezaubernd sexy und technisch unauffällig brillant. Eine Jazz- und Popsängerin, von deren schöner Stimme und brillanter Interpretation der Hörer heute noch verzaubert sein kann.

Was kaum jemand weiß: Die Filmkarriere war (nach einer kurzen, durch Autounfall im Teenageralter vorzeitig beendeten Tanzkarriere) bereits die zweite Karriere der DD. Zuvor war sie, die 1924 Geborene, bereits die berühmteste und am meisten verkaufte amerikanische Sängerin der Nachkriegszeit. Und eine technisch wie künstlerisch beeindruckende Sängerin, die vor allem mit Jazzcombos und Big-Bands seit ihrem ersten Hit Weiterlesen

Chucho's Steps – Jazz the Cuban Way

Durch Zufall bin ich auf das großartige Album

Chucho Valdez, Chucho’s Steps

gestoßen. Der 70jährige Valdes hat wie viele berühmte Musiker seines Landes Jazz gelernt, als Kuba das amerikanische Vergnügungsviertel war und es viel Arbeit für Musiker gab. Seine technische Brillianz wird mit Oscar Peterson verglichen. Aber anders als jener lässt Chucho Luft und Platz zwischen den Noten – der späte Miles Davis lässt zum Beispiel in „Julian“ grüßen.

Sein Spiel ist funky, komplex und originell. Er integriert die vielfältigen Rhythmen Kubas in modernen Jazz. Er spielt überragend funky etwa in seiner Hommage an die Marsalis Family „New Orleans“ und zerhackt/rekonstruiert Joe Zawinul’s Hit „Birdland“ so gekonnt, dass sich die oft lustlos abgenudelten Themen dieses wunderbaren Titels sich ganz langsam in das Gehör der Zuhörer winden. Es bleibt dabei immer entspannt und virtuos und … kurzweilig.

Weltmusik und Crossover im besten Sinne – große Musik!

[rating:4] DR = 10

Oscar Peterson macht Spaß

Immer noch Swingtime, aber heute im Trio mit Spaß:

 

Oscar Peterson war sicherlich einer der fingerfertigsten und technisch brilliantesten Jazzpianisten aller Zeiten. Viele Noten und immer an der richtigen Stelle. Er hat unglaublich viel aufgenommen und hier ist eins seiner besten Alben:

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Miles Davis + Band: Die Philharmonie kochte

Als Miles Davis und seine neu formierte Band (mit Herbie Hancock, Tony Williams, Ron Carter und Wayne Shorter) 1964 in der Philharmonie auftraten, dampfte wahrscheinlich die Luft. So hitzig, so funky und gleichzeitig so unterkühlt wie auf [amazonjs asin=B0007RO4YE] hörte ich zuvor von keinem anderen Musiker und keiner anderen Band Jazz.

Tony Williams sorgt für einen so drückenden Groove auf dem felsenfesten Fundament des monströs fetten Kontrabass von Ron Carter. Herbie Hancock spielt links funky und rechts komplex – so eine Mischung aus Hot und Cool hat es vor 1964 nicht gegeben. Wenn es eine musikalische Überleitung vom klassischen Cool-Jazz zur modernen Musik und dem Jazzrock gibt, hier ist sie. Und die Philharmonie sorgt für einen wirklich angenehmen, „holzigen“ Sound, bei dem wir jedes Instrument an der richtigen Stelle hören – ein Meilenstein der modernen Musik.

[rating:5]

Herbie Hancock macht's mit Joni Mitchell

Joni Mitchell als Inspiration und ultra-cooler Kammerjazz
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[Rating:4.5]

Herbie Hancock ist als Musiker dann am überzeugendsten, wenn er es richtig krachen lässt (wie auf seinem tollen Frühwerk „Headhunters“) oder wenn er seine Fähigkeit zu sparsamstem, kühlen Pianospiel richtig kultiviert. Hier gelingt ihm Letzteres wunderbar – kein Joni-Mitchell Coveralbum (dazu sind die Stücke vielfach zu weit von den Originalen entfernt), aber auch keine einfallslose Hommage. Weiterlesen

Wes Montgomery – der Gitarrist mit dem schnellen, knappen Spiel

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Wes Montgomery war vielleicht der erste moderne und „funky“ spielende E-Gitarrist. Er spielt ziemlich schnell, stoppt die Noten, sorgt für viel Groove und hat mit seinem excellenten Timing jeden gespielten Song in eine andere Liga gehoben.

Im Gegensatz zu den späteren Krach- und Effektorgien der Gitarristen ist dies „E-Gitarre pur“: Reine Melodien, wenige scharfe Akkorde und niemals Gedudel. Ein gelungener Sampler auch mit bekannten Songs und Standards, der beim Hören auch Nicht-Gitarristen Spaß macht.

Jazz und Midlife-Crisis

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[rating:5]

Joni Mitchell verlässt hier die experimentelle Phase ihres früheren Albums „Hissing Of The Summer Lawns“.  Und wendet sich entschieden und gekonnt dem Jazz sowie ernsten Themen einer Mittdreißigerin zu: Vergangene Jugend, im Bürgerlichen gestrandete Freunde, Einsamkeit auf Reisen.

Sind die Lyrics schon teilweise hypnotisch und genau wie etwa die Beschreibung der „Sharon“, so ist es die Musik erst recht. Ich kenne kein Album einer Singer/Songwriterin, welches so stimmig instrumentiert, so homogen und abwechslungsreich zugleich ist. Der Sound wird bestimmt von den schnell geschlagenen, offenen Jazzakkorden von Mitchell, zu denen die Musiker singenden Bass und fließenden Rythmusteppich gekonnt beisteuern. Selbst eine langsame Bar-Jazz Nummer wie „Blue Motel Room“ bekommt durch den gedeckten, mittigen Sound und den feinen Jazzbesen des Drummers unverwechselbare Klasse. Neil Young steuert einige klagende, verhauchte Harmonica-Töne bei.

Durch den prägenden, mittigen Gitarrensound von Mitchell, dem sich alle anderen Musiker geschmackvoll unterordnen, bekommen auch die schwächeren Songs des Albums eine Eindringlichkeit und einen Glanz, der eine wirklich gelungene Produktion auszeichnet. Mitchell rettet hier die lyrischen Bilder und die markanten Songstrukturen ihrer frühen (Folk-)Alben gekonnt hinüber in den Jazz und schafft ein völlig zeitloses Album.

Bemühter Jazzrock von Joni Mitchell mit wenigen Highlights

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[Rating:2.5]

Mit diesem Album und dem kurz davor entstandenen „The Hissing Of The Summer Lawns“ verabschiedeten sich die meisten Fans aus dem Lager der Folkies von der bis dahin überragend souveränen Songwriterin Joni Mitchell. Dies war das vierte Album nach den überragenden „Court And Spark“ sowie „Hejira“ und dem ambitionierten „Hissing Of..“ mit energischen Schritten zum Jazz-Rock und das letzte Album der Künstlerin, welches GOLD bekam. Nicht ganz zu unrecht aus heutiger Sicht:

Die lyrische Dichte und der Witz früherer Songs werden ersetzt durch schier endlose, wortreiche Tiraden über relativ beliebige Themen. Dazu einen wuchtigen, vom Bassisten Jaco Pastorius und den offenen Gitarrenakkorden Mitchell’s dominierten Lounge-Jazz. Zwar leisteten die Studio-Profis Alex Acuna und Don Alias (dr) ganze Arbeit und sorgten für einen sehr flüssigen, eleganten Rhythmusteppich. Der Ausnahmebassist Jaco Pastorius trägt mit seinem „fetten“ und stark in den Vordergrund gemischten Fretless-Bass den Sound auf eine abwechslungsreiche und elegante Weise (wie etwa mit den perkussiven tiefen Schlägen auf dem Titelsong). Doch die Beliebigkeit der melodischen Themen und Texte klingt, als wolle Mitchell Sound, Konzept und Stil ihrer überragenden Vorgängeralben im neuen Genre auf niedrigem Niveau kopieren.

Trotzdem ragen einige Songs wirklich heraus: Der Titelsong besticht durch die elegante und wuchtige Begleitung von Pastorius. Mit „Dreamland“ bringt Mitchell zu einem unglaublich dichten, schweren Samba-Beat schöne Assoziationen zu Ferien, Winter und Abreise zu Gehör. Mit den bündigen, satt arrangierten „Off Night Backstreet“ sowie „Otis And Marlena“ beweist sie Gespür für echte Pop-Jazz Hits, bleibt aber insgesamt zaghaft und unentschlossen.

Und wenn in dem schlicht überflüssigen, sich über mehr als 16 Minuten erstreckenden „Paprika Pleins“ Belanglosigkeiten ausgebreitet oder in „The Silky Veils Of Ardour“ fast kreischend gesungene Esoterik verbreitet wird, dann sind dies eben Tiefpunkte im Gesamtwerk einer überragenden Künstlerin.

Erst mit dem anspruchsvollen Jazz-Album „Mingus“ von 1979 und dem eleganten und glatten Jazz-Rock von „Wild Things“ (1982) fand Joni Mitchell wieder zu einer geschlossenen Darstellung von Lyrik und Musik zurück.

Pat Metheny haut live seine eigene "Best-Of" raus

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[rating:4]

Pat Metheny haut hier mit zwei famosen jungen Musikern als Live-Trio ein Art Retrospektive seines eigenen Werkes raus und wagt sich auch an anspruchsvolle Fremdkompositionen. Energetisch, experimentierfreudig und wirklich livehaftig kommen Stücke aus seinen tollen Frühwerken „Bright Size Life“ und „American Garage“ ebenso wie spätere Stücke.

Und Alles klingt wie neu: Durch das grollende, abwechslungsreiche Spiel von Grenadier am akustischen Bass und spannende, fiese kleine Rhythmusattacken des Drummers bekommen die Stücke Form und Farbe. Ein wunderbares Beispiel für konzertanten Jazz im Trio. Und auch für Pop-Freunde gut hörbar.

Anspieltipp: „James“ – wie dieser schlagerhaft schöne Standard durch die Live-Mangel gedreht wird, das hat Klasse.

Volkhochschulkurs in Jazz mit Spaßfaktor

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[Rating:3.5]

Ry Cooder tut hier, was er immer tat: Vergessene Volksmusik entdecken. Und landet beim Jazz von Jelly Roll Morton und Bix Beiderbecke sowie hawaianischen Hochzeitsmärschen. Mit ungewöhnlicher Instrumentierung (Tuba, Klarinetten, Vibraphon und viel Gebläse), elegantem Acoutic-Guitar Spiel und einem perfekten Gesangsquartett für die Vocalparts (man höre nur „Nobody“) entsteht hier eine musikalisch andere Welt – Jazz mit vielen Synkopen, seltsamen Arrangements und witzigen Texten („Shine“). Ein fast schon erzieherischer Ansatz. Bis auf den völlig unbekannten Gitarristen Spence, dessen wilde Synkopen Cooder als Gitarristen sehr beeinflusst haben, sind alle Komponisten der Titel verstorben. Aus den Liner-Notes Cooders erfahren wir viele Details zu Komponisten und Werk. Das ist liebevoll gemacht fast wie eine Fan- oder Klassikedition.

Dem Popfreund wird es nicht gefallen. Und doch ist dies eine der ersten „Pop-Jazz“ Platten, technisch perfekt gemacht mit hohem Repertoirewert. Versuchen Sie mal, gute Aufnahmen von Bix Beiderbecke zu bekommen. Und die erlesene Songauswahl wie etwa das lustige und aufwändig arrangierte „Big Bad Bill“ sorgen für Langzeitwert. Und dieses Album hat Gesangsparts vom anderen Stern. Sänger Bobby King und sein Vocalquartett sorgen für Gänsehaut mit ihren warmen, weichen und enorm druckvoll gesungenen Parts

Julia Hülsmann lässt es krachen

Julia Hülsmann lässt es krachen – tolle Randy Newman Cover,
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Wir kennen das Julia Hülsmann Trio als zurückhaltend, fast ernst mit anderen Sängern wie Rebecca Backen und Roger Cicero. Aber hier lassen Sie es so richtig krachen:Wohl inspiriert durch die fantastisch druckvolle und rauhe Stimme der Sängerin Anna Lauvergnac schwingen sich vor allem auch die ständigen Begleiter von Julia Hülsmann, der bodenständig, oft grollend spielende Kontrabassist Marc Muellbauer und immer verspielt und fordernd Heinrich Köbberling (dr) zu Rhythmusattacken und funkigen Passagen auf. Da werden Randy Newman’s Songs – im Original oft elegisch und getragen – zu bösartig rockigen (Let’s Burn Down The Cornfield), ironisch verspielten (Mama Told Me Not To Come) oder vertrackt zappelnden- (You Can Leave Your Hat On, Baltimore) Kabinettstückchen aus der Ecke „Fusion meets Modern Jazz + Rock Singer“.

Beeindruckend auch die kompositorische Leistung von Julia Hülsmann: Wie sie das (politisch unkorrekte-) „Short People“ als Instrumental kurzerhand in ein 8-Minuten Feuerwerk aus kleinteiligen Rhythmen zerlegt, das ist überragend. Überragend auch das unglaublich bediente, funkige Spiel der Bandleader am Fender-Rhodes. Herbie Hancock und Donald Fagen lassen grüßen; das ist wohl die rockigste Platte dieser anspruchsvollen Jazzmusiker überhaupt.

Nur die letzten drei Songs fallen leider deutlich ab. Ansonsten bringen diese Interpretationen (ähnlich wie Holly Cole’s Album „Temptation“, aber wesentlich anspruchsvoller) Randy Newmann und seine einmaligen Kompositionen sicher in’s 21. Jahrhundert. Geht ab wie die Luzie und überzeugt auch den anspruchsvollsten Jazzfreund!

Carmel – The Drum is everything (

Stilbildendes Jazz-Pop Album mit kleinen Schwächen, 9. Januar 2007
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[rating:3]

Carmel war ein Bandprojekt um die Sängerin Carmel Mc Court und die exzellenten Musiker Gerry Darby (dr) und James Paris (upright bass). Mit diesem erstmals 1984 veröffentlichten Album brachten diese Drei, begleitet von dem exzellenten Organisten Peter Saunders auf zum teil recht brachiale Weise („I Thought I Was Going Mad“) Pop, Punk, Lounge-Jazz und Bebop zusammen:

Treibender Kontrabass, nervöse, zappelige Drums, fette Hammond-Orgel und ein sehr transparentes Klangbild. Damit war die Gruppe Vorreiter und Inspiration für viele andere Musiker aus diesem Genre, etwa das Holly Cole Trio.

Die Musik geht „gut ab“, ist teilweise tanzbar mit einem echten Hit („More, More, More“) und interessant zu hören wegen der Virtuosität der Musiker. Nur die etwas schrille, teilweise regelrecht blechern aufgenommene Stimme der Sängerin nervt etwas.

Kammermusik und Jazz mit tollem Gesang,

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[Rating:4]

Julia Hülsmann komponiert unglaublich raffiniert und spielt so überlegt und zurückhaltend Klavier, dass es manchmal an Klassik erinnert. Die linke Hand fast nicht zu hören, die Rechte arbeitet sich durch faszinierende Variationen und Auflösungen der musikalischen Themen. Nur das entspannte und konzentrierte Spiel ihrer langjährigen Begleiter an b und dr sorgen dafür, dass diese zum Teil musikalisch sehr anspruchsvollen Stücke nicht in reine Kammermusik abgleiten.

So aber wird es spannender Jazz, teilweise sogar richtig groovy. Vor allem am E-Piano verliert das Spiel von Julia Hülsmann die fast körperlose Leichtigkeit und Zurückhaltung und wird kraftvoll und dynamisch. Da bekommt das kleine Trio dann die Wucht und den Drive einer „großen“ Band.

Cicero mit seiner geschulten und glatten Stimme gibt den Crooner überhaupt. Was ihm hier an technischen und musikalischen Schwierigkeiten zugemutet wird, ist schon fast mörderisch. Jedoch bleibt seine Interpretation immer entspannt und bringt die sehr vertrackten Melodien locker zur Geltung – ein ideales Zusammenspiel.

Ein Album mit hohem Langzeitwert für Liebhaber anspruchsvoller Jazzmusik. Und hört sich einfach schön an.

Miles Davis – You're Under Arrest

Man Miles Goes Pop – aber wie, 9. September 2006
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[rating:3]
Ein unglaublich treibendes, funkiges, spannendes, nervöses…. Popalbum. Ja, dies ist kein Jazz mehr. Und geht ab wie die Lucie.

Eine schier unglaubliche Rhythmusgruppe (am Bass ist hier Darryl Jones zu hören, der sich seither wohl bei den Rolling Stones täglich langweilt) knallt den Funk raus und MD streut sparsam, mit perfektem Timing und unglaublich pointensicher seine knappen Trompeteneinwürfe.

Time After Time ist ein absolutes Highlight, besser als das Original, melancholisch, verwehend, die Improvisation eines alternden Jazzmeisters über einen zeitlosen Popsong. Aber die geräuschhaften „street scenes“ und der sparsame Song „katia“ sowie ein anderer Pop-Klassiker „Human Nature“ sind auch Perlen. Einen Punkt Abzug, weil nicht alle Songs so gut und gültig sind wie die hier genannten-; teilweise zerfasert die Platte in Geräuschcollagen und Fragmenten – da wurden in meinen Augen Plattenminuten gefülltt.

MD hatte wohl bereits gesundheitliche Probleme, als diese Platte gemacht wurde. Wenige Jahre später sah ich ihn im Konzert – immer noch die perfekte Band, aber Trompete spielen ging kaum noch.

So hat die Platte bei aller Vitalität auch einen Hauch von Abschied und Schmerz in sich.

Linda Ronstadt – Country Rock goes Jazzy Tunes

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Linda Ronstadt war mir bisher eher weniger und nur aus der Country-Rock Ecke bekannt. Durch Zufall komme ich an diese Scheibe und bin angenehm überrascht:
Souveräne Songauswahl, nett instrumentiert (auch mit Celli und Geigen)und eine angenehme, unangestrengte Altstimme, der jedenfalls ich die vielleicht 30 Jahre Gesangs- und Bühnenerfahrung anhöre. Natürlich ist die Dame kein Gesangswunder wie die großen Diven des Jazz. Aber ausdrucksstärker und variabler als Norah Jones und Co. ist das allweil.
Besonders gut gefallen mir die rein akustische, teilweise durch Flügelhorn und geschmackvolle Streicher angereicherte Begleitung. Und so locker und gekonnt habe ich den abgedroschenen Cry Me A River lange nicht gehört. Miss Otis Regrets (eine alte Mills Brothers Nummer) kommt elegant und balladesk, wie das diesem Song angemessen ist.
Fazit: So entspannt und gekonnt können das vielleicht nur Country-Folks – Kammerjazz der angenehmen Art.