Kat Edmonson, die Sängerin mit der kratzigen, extrem modulationsreichen Stimme, ist meine große Hoffnung im Grenzbereich von Pop und Jazz.
Auf diesem ihrem zweiten Album trägt Sie eigenes Songmaterial vor, dessen ironische, nachdenkliche und doch immer heitere Machart mich immer wieder zu kleinen Lachern zwingt. Wenn Sie beispielsweise in ihrem Song „Champagne“ über das gleichnamige Getränk sinniert und dessen Auswirkungen auf ihren eigenen Umgang mit dem anderen Geschlecht – ganz leicht, immer etwas distanziert und dazu mit den drolligsten sängerischen „Tricks“ – schon mal ein angetrunkenes Mädel singen hören? Sie deutet das nur ganz kurz an und gut ist. Es ist zum Kugeln (den Song gibt es übrigens auch bei YouTube). Nie wird es platt, nie sentimental und wenn die junge Texanerin mit breit rollenden Vokalen raunzt, dass sie irgendwie nicht für „diese Zeiten“ gemacht sei (I Just Wasn’t Made for These Times), dann glaubt man ihr das sofort. Zwar nicht ohne Mikrofon, aber als Jazz-Pop Sängerin hätte sie auch in den 50er oder 60er Jahren große Karriere gemacht.
Ihre Gesangstechnik ist ebenso originell wie songdienlich: Sie raunzt, gurrt, dehnt Vokale wie früher vielleicht Amy Winehouse, variiert geschickt das Tempo und wechselt
manchmal just for fun überraschend (sie hat eine ziemlich tiefe Altstimme) in fledermausartigen Falsett. Ich kenne außer Rickie Lee Jones keine Sängerin, die so hingebungsvoll jede Textzeile zelebriert und moduliert wie Edmonson. Das Duett mit Lyle Lovett eine gelungene Dreingabe. Die akkuratest arrangierte Jazzband malt mit fein abgestimmten Arrangements den Rahmen und das Ganze ist produktionstechnisch und vom Sound her eine absolute Freude auch für jeden Klangliebhaber. Und ihr neuestes Album „The Big Picture“ ist von den Texten her fast noch besser. Die junge Dame ist eben inzwischen wieder zwei Jahre älter und schlauer geworden.
Ich prophezeie der etwas aus der Zeit gefallenen Frau Edmonson eine ganz große und lange Karriere. Long may you run, Mrs. Edmonson!