Freie Fahrt durch Fahrradständer

Manchmal bin ich so stolz auf meine Frau, die mittlerweile kampferprobte Stadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsaufgaben, Natur und Grün und viele sonstige arbeitsintensive Aufgaben beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Christiane Heiß (Grüne). Im Jahr 2012 (damals noch eifrige Bezirksverordnete ihrer Partei) bemerkte sie, dass der Eingang zum so genannten Cheruskerpark an dieser Stelle ständig durch Autos zugeparkt wird. Trotz Bordsteinabsenkung und teilweise so extrem, dass die Fahrradfahrer zwischen den geparkten Autos überhaupt nicht mehr durch kamen. Und stellte einen Antrag, das Bezirksamt möge hier tätig werden.

Nun, mehr als 5 Jahre später, sind die Bauarbeiten endlich abgeschlossen. Mit deutscher Gründlichkeit hat die Behörde (mittlerweile der ehemaligen Bezirksverordneten unterstellt) eine „Bürgersteigvorstreckung“ anfertigen lassen und viele viele Fahrradständer. Jetzt kommt man immerhin wieder mit dem Fahrrad von der Straße in den Park. Etwas weniger Fahrradständer hätten wohl auch gereicht. Mission completed.

Sündenfälle der Stadträtin?

In einem offenen Brief Sündenfälle der Dr. Klotz kritisiert der Verfasser die derzeit amtierende Stadträtin für (u.a.) Stadtentwicklung und Bauen, Dr. Sibyll Klotz (Grüne) und meint am Beispiel des umstrittenen Bauvorhabens Crellestraße 22a, die Stadträtin müsse sich stärker gegen Nachverdichtung engagieren. Er bezieht sich dabei auf einige auch in meinen Augen übertrieben defensive Äußerungen der Stadträtin in einem Artikel der TAZ, wo Frau Dr. Klotz u.a. zitiert wird:

 „Die Baumaßnahme … finde ich heftig, aber
das darf ich nicht entscheiden.“

Das ist so schlicht sicherlich nicht richtig – eine unglückliche Äußerung oder ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat. Dennoch ist es falsch, die erst seit 2012 amtierende Baustadträtin für die Probleme und Planungsfehler zum Beispiel in der Crellestraße zum Sündenbock zu stempeln. Denn das ist ein älteres Problem und nicht zuletzt eine Frage des Geldes. Ich habe dem engagierten Briefschreiber geantwortet und darauf hingewiesen, dass die jetzt zu beobachtende „Vorfahrt für Grundstücksaufkäufer“ Folge älterer Weiterlesen

Crellestraße – 3 Linden und zwei Planungsfehler

Manchmal müssen Anwohner für die absichtlichen Sünden der Verwaltung (in diesem Fall von Ex-Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) büßen. Manchmal ist Verwaltung aber einfach auch nur vertrottelt und verpeilt. Wenn jetzt in der Crellestraße an der Langenscheidt-Brücke ein ebenso gesichtsloser wie massiver Block mit Eigentumswohnungen entsteht, dann ist das so ein Fall und die Folge von Beidem:

Die neu gegründete Bürgerinitiative kritisiert zu recht, dass an dieser Ecke massiv gebaut wird und dafür drei große Straßenbäume fallen sollen. Ein weiterer Artikel mit diesem Tenor findet sich auf dem rote-insel.blog. Den Betroffenen scheint es so, als hätte sich die Bezirkspolitik gegen sie verbündet und das würde momentan die aktuell zuständige Stadträtin Sibyll Klotz (Grüne) treffen. Dem ist aber nicht so. Eingetütet hat diese (das muss einmal so deutlich gesagt werden) Planungssünde der immer wieder durch überraschende und nicht kontrollierbare Winkelzüge aufgefallene Ex-Stadtrat Bernd Krömer (CDU) – er und nur er erteilte an den Gremien vorbei einen positiven Bauvorbescheid, auf den sich der Bauherr jetzt stützen kann. Und die bezirkliche Verwaltung verpeilte es schon vor Jahren (hier wie noch viel gravierender im Bahngraben entlang der Eylauer Straße). Obwohl bekannt war, dass die Entlassung großer Flächen aus dem Herrschaftsbereich der Bahn bevorsteht, verzichtete die Bezirksverwaltung letztlich (gegen die Beschlüsse der BVV) auf eine geordnete Bauplanung für diese Flächen. Und das führt letztlich dazu, dass am „Viktoriakiez“ überwiegend im unbeplanten Außenbereich gebaut wird und an der Crellestraße ein außerordentlich bauherrenfreundlicher Bauvorbescheid herausgereicht werden konnte, ohne gegen aktuelles Planungsrecht zu verstoßen. Denn es gab dort kein Planungsrecht, als Krömer selbstherrlich die Bauherren beschenkte.

Der in solchen Fragen überhaupt nicht zuständige, aber immer gern kommentierende Wahlkreisabgeordnete Lars Oberg (SPD) hat dies auf der SPD-Homepage ausführlich und zutreffend dargestellt. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Wahrscheinlich werden jetzt auch die Anwohner der Crellestraße hoffen, dass Krömer möglichst bald seinen Job als Staatssekretär bei CDU-Chef Frank Henkel verliert. Linden wachsen schneller als solche „Kommunalpolitiker“ verschwinden.

Kerngebiet sorgt für Spielsalon XL

Nirgends wird die Wirrnis kommunaler Stadtplanung so plastisch wie am Tempelhofer Damm 1, wo kürzlich eine der größeren Spielhöllen des Bezirks direkt gegenüber dem Flughafen Tempelhof ihre Pforten öffnete. Übrigens in einem leicht herunter gekommenen Gebäude, dessen hoher Leerstandsanteil wohl auf die überzogenen Renditeerwartungen der Eigentümerin zurückzuführen sein dürfte. Hier steht der ehemalige Edeka-Supermarkt nebenan mit einer Fläche von ca. 600 m² seit etwa einem Jahr leer.

Spielhölle „Vulkan“ am Platz der Luftbrücke

Vorausgegangen war ein (nach Berichten im Stadtplanungsausschuss) für den Bezirk aussichtsloser Prozess gegen den Spielhöllenbetreiber, der die ihm zuvor durch den Bezirk verweigerte Gewerbeerlaubnis eingeklagt hatte. Was war geschehen?
Der Bezirk hatte diesen Bereich zwischen Flughafen und Ortskern Neu-Tempelhof bereits vor längerer Zeit als Kerngebiet ausgewiesen, ähnlich wie am Schöneberger Gasometer, wo der frühere Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) bereitwillig eine Kerngebietsausweisung betrieb, um einem Projektentwickler eine dichtere Bebauung zu ermöglichen. Wozu es an dieser trotz des Verkehrslärms eher ruhigen Ecke Tempelhofs ein Kerngebiet braucht, ist für Laien wie Experten unklar. Handelt es sich doch um ein typisches örtliches Zentrum, eine „local high-street“ eben. Und für solche ist ein Kerngebiet weder gedacht noch zulässig, sondern es

… ist eine mögliche Festsetzung in einem Bebauungsplan. Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben, insbesondere von großflächigen, die außer in Kerngebieten nur in eigens ausgewiesenen Sondergebieten zulässig sind, sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und der Verwaltung. Erlaubte Nutzungen sind Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Schank- und Speisewirtschaften, Anlagen für kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke. Vgl. §§ 7, 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung.

Weder gibt es an dieser Ecke großflächigen Einzelhandel, noch sonstige Merkmale eines Kerngebiets. Statt dessen befinden sich in der Nachbarschaft das Landeskriminalamt, mehrere Schulen, Kindergärten und eine Menge kleinerer Gewerbe, Einzelhandel, Fleischer, Tchibo und Praxen. Und es wird hier auch noch gewohnt. Ein recht lebendiger Kiez also. Wo auch nirgends ein Alexa Einkaufszentrum hinpasst oder ein Multiplexkino. Hier wollten die vom Größenwahn befallenen Amtsvorgänger der jetzigen Baustadträtin Sib

yll Klotz (Grüne) offenbar Grundstücksspekulanten anlocken. Oder litten unter Tempelhofer Großmannssucht. Und wollten die ansässigen Gewerbe und Wohnungsmieter ganz offensichtlich loswerden. Die Gewerbe durch Konkurrenz von Saturn und Co., die Wohnungen sind in einem Kerngebiet sogar ganz unzulässig.
Danke sagten die Spekulanten. Es kam zunächst der Leerstand und danach der Spielhallenbetreiber.  Weil Spielhallen in einem Kerngebiet ebenso generell zulässig sind wie Bordelle. Es sei denn, man ist sorgfältig und 

  1. plant kein überflüssiges Kerngebiet oder
  2. wenn schon Kerngebiet, dann schließt ein kluger Bezirkspolitiker unerwünschte Nutzungen durch Textzusatz aus.

Zu beiden Varianten hat es bei den genialischen Bezirkspolitikern von Tempelhof-Schöneberg hier und an vielen anderen Orten im Bezirk leider nicht gereicht. Also beantragte (und bekam) der Spielhöllenbetreiber seine Genehmigung für die Spielhölle. Und die Bezirkspolitiker Schworck und Band (SPD) lieferten vor der Bezirksverordnetenversammlung in der letzten Wahlperiode mehrfach dramatische Auftritte ab, in denen sie über ihre Rückzugsgefechte gegen Spielhöllen am Tempelhofer Damm berichteten.  
Reine Schaufensterpolitik. Denn die Spielhölle gibt es bei einem Kerngebiet gratis, wenn die Punkte 1. und 2. oben nicht beachtet werden. Das ist wirklich das ganz kleine Einmaleins der kommunalen Stadtplanung. Weshalb solche großmannssüchtigen Kerngebietsausweisungen ebenso verzichtbar sind wie die Politiker, die solchen Unfug anzetteln.
Jetzt rudert der Bezirk gezwungenermaßen zurück. Der frühere Bezirksverordnete Andreas Baldow (früher auch SPD, jetzt CDU) verkündete vor dem Stadtplanungsausschuss, man beabsichtige die Rückstufung mehrerer Kerngebiete im Bezirk, zunächst wohl am Tempelhofer Damm 1. Baldow, der bis zu seiner Rochade in das Stadtplanungsamt des Bezirks zuletzt am Gasometer ein glühender Befürworter sinnloser Kerngebietsausweisungen war, darf also den Blödsinn reparieren, den er zusammen mit seinen ehemaligen Tempelhofer Parteifreunden Band und Schworck sowie dem ehemaligen Baustadtrat Krömer angezettelt hat.
Da solche Möchtegernpolitiker regelmäßig nicht lernfähig, sondern nur pensionsfähig sind, wäre die sauberste Lösung die Rückgabe des gesamten Stadtplanungsrechts und aller Kompetenzen in diesem Bereich an die zuständige Senatsverwaltung. Vielleicht hat man dort mehr Überblick, wo in Berlin Kerngebiete mit überörtlicher Ausstrahlung sind und wo nur lokale Zentren mit Wohnen und Kleingewerbe (und ohne Spielhöllen).