JJ Cale – To Tulsa and back (DVD)

Dicht dran an JJ on the road – das Leben, die Straße und der Rest

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Dieser Dokumentarfilm folgt dem mittlerweile 65jährigen Gitarristen und Sänger JJ Cale auf einer Tour von Tulsa, Oklahoma durch die USA und zurück. Konzertmitschnitte, Aufnahmen aus dem Tourbus auf den langen Fahrten durch die zum Teil wunderbaren Landschaften der USA, lange Interviews mit Cale, den Bandmitgliedern und Eric Clapton vermitteln einen recht vollständigen Überblick über den musikalischen Werdegang, die Ups and Downs in Cales Karriere und zeigen auch, warum Cale so wichtig ist für die Entwicklung von Rock, Country und den benachbarten Musikstilen.

Hier erfährt man viel über Musik und Mensch: Wenn Cale in seiner fast ausgestorben wirkenden Heimatstadt Tulsa am Eisenbahnknoten steht und erzählt, wie er sein erstes Geld als Gitarrist einer Tanzkapelle im größten Ballroom der in den 50ern boomenden Stadt verdiente. Und dass vor allem Jazz und Swing seine musikalischen Anregungen sind. Wenn Eric Clapton entspannt zugibt, wie ein vorgeführter Sechstklässler mit JJ und seiner Band beim Crossroads-Festival 20 Minuten auf der Bühne einen Song gejammt zu haben, den er erst nach der ersten Gesangsstrophe als „After Midnight“ erkannte. Und wenn man Clapton diese ratlose Verwirrung über den sehr experimentierfreudigen Musikstil von Cale’s Band auch im Konzermitschnitt deutlich ansieht. Wenn die Bandmitglieder (die zum Teil seit dreißig Jahren mit Cale regelmäßig zusammen spielen) und sogar der Busfahrer voller Liebe und Respekt über ihren JJ sprechen, der nie die Ruhe verliert und immer sehr entspannt und positiv mit seinen Mitmenschen und Kollegen umgeht. Wenn der Toningenieur berichtet, wie der technisch recht versierte Cale schon seit Jahrzehnten seine Aufnahmen selbst mischt und dabei mit seinem legendären Rhythmusgefühl und vielen kleinen Instrumentalparts einen einmalig dichten, treibenden (und selten kopierten) Sound erreicht.

Ein wirklich brillianter Sound und viele Konzertmitschnitte, die gekonnt übergeblendet werden – man merkt hier, das die fantastisch eingespielte Band ihr Repertoire exakt im gleichen Groove und Tempo spielt. Die Überblendungen sind mit geschlossenen Augen praktisch nicht zu merken. Beeindruckende „Solo-Auftritte“ von Cale, der selbst begleitet kleine, wunderschön schlichte Instrumentals ebenso faszinierend bringt wie heftig groovende Up-Tempo Nummern. Und auch das Geheimnis des „laid-back“ Musikstils von Cale wird etwas gelüftet: Bei den teilweise wild improvisierten Konzertmitschnitten wird deutlich, dass diese Band aus älteren Herrschaften mit der Attitüde einer swingenden Jazzband spielt – das Rhythmusgefühl liegt vor dem Schlag, das Schlagzeug swingt und Improvisation ist erwünscht. Nur die Harmonien, die Gitarrenriffs und der stoische Bass haben ihre Wurzeln im Country, Blues und Rock. Eine sehr attraktive Mischung von Musikstilen, entspannt serviert – das durch alle Altersschichten gemischte, stets begeistert mitgehende Publikum dankt es.

Lowell George – Thanks I'll Eat It Here (1977)

Der große Bär mit dem einen Album für die Insel
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Lowell George, der vielseitig begabte und interessierte Sänger mit der schönen weichen Stimme und dem guten Geschmack für alle skurrilen Spielarten der amerikanischen Musik hat hier sein Album für die Insel gezimmert. Kurz vor seinem viel zu frühen Tod schnürte er einen bunten Strauß interessanter und zum Teil sogar abseitiger Songs: „Easy Money“ von Rickie Lee Jones (die Lowell mit entdeckt hatte) in einer treibenden Version mit Bläsern – weniger versponnen und verrucht als Jones auf ihrem Debütalbum. Mexikanische Klänge im romantischen „Cheek to Cheek“, eine raffinierte Version von „Can’t Stand The Rain“ – trickreiche Percussions und viel weniger abgehobelt klingt das als bei Tina Turner und Cassandra Wilson. Vaudeville in „Himmler’s Ring“ – warum nicht? Die Andrews Sisters und die Swing-Ära lassen grüßen. So vielseitig klingt George, ohne sich jemals anzubiedern. Feiner Bläsersatz hier auch.

Und romantisch klingt Lowell bis zum Anschlag in seinen Balladen; „2 Million Things“ und „Find A River“ sind wunderschöne Torch-Songs, unsentimental und gefühlvoll. Nicht zu (s)toppen – der ultimative Crooner des Rock schwingt hier das Zepter. Und was bei seiner Band Little Feat manchmal doch zu sehr nach Jazz-Rock klang, wird hier auf einmal natürliche, originelle Musik. Vergleiche nur die „Two Trains“ von George mit den zahlreichen Einspielungen der Feats. Hier klingt die Musik, dort ist es nur ein vertrackter Song gespielt von einer guten Band. Ebenso der witzige Opener „What Do You Want The Girl To Do“ – nicht nur muss diese Frage einfach gestellt werden. Es ist auch ein Song, dessen wilde Synkopen und trickreichen Harmonien überhaupt nicht auffallen, weil George die ganze Musik locker zusammen hält. Dieses fantastische Album schließt mit einem gefühlvollen Duett. Hammermäßige Musik, feinste Drums von Jeff Porcaro und ein exzellenter Sound runden dieses Album ab.

Was soll ich sagen – viel zu früh ging er dahin und hat uns nur ein Album für die Insel hinterlassen, dessen Perlen auch in 10 Jahren noch glänzen werden.