Willie Nelson macht auch hier sein eigenes Ding. Und puhlt dabei oft den Kern der Musik meisterhaft heraus. Bestes Beispiel bei der dieser von Anfang bis Ende lohnenden Zusammenstellung von Coverversionen bekannter Songs aus den 80ern und einigen eigenen Liedern ist bereits der Opener „American Tune“ von Paul Simon, der auch die Gitarrenbegleitung mit ihren vertrackten Modulationen spielt. Wie Nelson aus diesem exzellenten, aber im Original leider etwas sehr glatten Song ein nachdenkliches, bitteres Stück Musik macht mit Untertönen von Ärger und Zorn – das ist einmalig. Nur durch einige abrupte Temposchwankungen und etwas mehr „Feel“ im Gesang bekommt die gute Vorlage eine neue Dimension und eine interessante Note.
So ähnlich geht das auch bei vielen anderen Titeln. Die intergalaktische Ballade „Don’t Give Up“ von Peter Gabriel wird durch die verhaltene sparsame Begleitung ohne Synthesizer und die offensichtlich ältere (erfahrene-) Stimme von Nelson geerdet, verliert etwas die Süßlichkeit des Originals und schon wird daraus das raue Midlife-Crisis Drama. Weiterer Höhepunkt auch Nelsons Dylan Cover „What Was It You Wanted“ – rau, harsch, bitter, fast grantelig interpretieren die beiden Männer das. Wie böse darf ein Song eigentlich sein fragt sich der Hörer.
Produzent Don Was hatte ein wirklich gutes Händchen mit diesem Album: Die in verschiedenen Studios quer über die Welt aufgenommenen Titel haben einen wunderbar natürlichen Sound, der die sensible Begleitung von Jim Keltner, Reggie Young und anderen erfahrenen Musikern eindrucksvoll neben die rauen Gesänge Nelsons stellt. Und selbst an die eigenwilligen, aber musikalisch immer zwingenden Gitarrensoli von Nelson habe ich mich wohl gewöhnt – sie überzeugen jedes Mal. Den 5. Stern muss ich nur deswegen verweigern, weil es halt doch überwiegend ein Coveralbum ist. Aber eines, das in jeder Hinsicht überzeugt.
[rating:4]