Voodoo Child ganz neu – Coverversionen aufregend zerlegt

Teréz Montcalm ist wie die ähnlich im Grenzbereich  zwischen Jazz, Soul, Pop und Irgendwas vagabundierende Holly Cole Francokanadierin. Und eine Könnerin im Interpretieren und Zerlegen fremder Musik.

Seit Rickie Lee Jones, deren Coverversionen bekannter und unbekannter Songs für mich wegen der Ausdrucksstärke immer die Messlatte bleiben, habe ich keine Sängerin mehr gehört, die sich mit so viel Gestaltungswillen und so viel sängerischem Charme über Musik Anderer hermacht. Wie Montcalm nicht nur „Sweet Dreams“ der Eurythmics, sondern auch „Voodoo Child“ von Hendrix oder bei dem z.B. bei James Taylor furchtbar glatt und fast belanglos klingenden Standard „How Sweet it is“ ihre Stücke zerlegt, zerknurrt, raunt, winselt und doch immer eine schlüssige Interpretation abliefert – das ist wirklich einzigartig. Holly Cole, eine andere Francokanadierin im selben Fach, hat sich auch oft und sehr gekonnt an Coverversionen versucht. Und klang dabei leider manchmal auch (das ist das Risiko bei so bekannten Songs) etwas beliebig.

Aber hier passt es immer: Eine angenehm variantenreiche Begleitung aus Jazzcombo, viel gekonnt eingespielter Gitarre und etwas Keyboards in bester Soundqualität trifft auf leise, enorm variantenreiche Interpretationen, die sich trotz der geringen Lautstärke der Sängerin viel Gehör verschaffen. Offen gesagt bewundere ich auch die eigenwillige und abgezockte Gesangstechnik von Montcalm. Na klar hat sie dieses rauchige Timbre im Kontra-Alt, das Viele so „erotisch“ finden. Aber sie bringt mit einer atemberaubenden Zwerchfellstütze und vielen interessanten kleinen Geräuschen (warum trauen sich nicht viel mehr Sängerinnen zu hecheln, zu kieksen und zu glucksen) bis in die höchsten Lagen (ja, einen großen Stimmumfang hat sie auch) großartige Musik rüber. Das kann man „erotisch“ finden, aber auch als KammerJazzPopGesangsChanson genießen und bekannte Lieder und Musik neu entdecken. Ein großes Talent, eine großartige und interessante Sängerin, die anders als viele Andere in diesem Bereich auch etwas wagt.

Das Album ist außerdem gut und transparent aufgenommen. Der Produzent Michel Cousson hat für meinen Geschmack die Stimme etwas zu sehr nach vorn gemischt, aber bei dem Gesang kann man das hören. Und der variabel und sehr stilsicher begleitende Gitarrist Louis Côté hört sich auch gut an. Ein Album für Freunde von stilübergreifender Musik, denen die Alben von Holly Cole, Madeleine Peyroux oder auch Rebekka Bakken manchmal etwas zu eintönig sind. Und sicherlich nur für Erwachsene.

[rating:4.5]