Lowell George summt aus dem Grab "Roll Um Easy"

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[rating:3.5]
Lowell George, der „Admiral“ und Sänger der grandiosen Band „Little Feat“ starb 1979. Fast 20 Jahre später machten sich 1998 mit diesem Tribute-Album einige Hardcore-Fans aus dem Umfeld von George und Little Feat daran, die Songs von George neu aufzunehmen. George ist für mich bis heute der mit Abstand kreativste, abwechslungsreichste und intelligenteste Songwriter im Grenzbereich zwischen Rock, Country und Folk. Da hätte es sich doch angeboten, einige der bekannteren und zutiefst originellen Hits von George wie die Fernfahrer Hymne „Willin“ oder den rasanten „Dixie Chicken“ zu covern und gut wäre es gewesen. Weit gefehlt! Dies ist ein Projekt von Hardcore-Fans. So leicht wollte es sich niemand machen.

Bonnie Raitt beginnt mit einer schwer rockenden und durch eine heulende Slidegitarre förmlich zerschnittenen Version des im Original doch vergleichsweise harmlosen „Cold Cold Cold“ – Treffer! Wir sehen, dass Raitt ihren unnachahmlichen Stil an der Slide entweder von George hat oder umgekehrt. Das passt jedenfalls und hebt diesen herben Song schön auf’s Podest. Dann kommt Taj Mahal mit einer sehr flüssig groovenden Version der Band-Hymne „Feets Don’t Fail Me Now“. Durch die dunkle weiche Stimme Mahal’s rückt der Song nach Afrika und bekommt etwas notwendige Hektik – gelungen!

J.D. Souther bringt dann nach einem für den Admiral ganz untypischen Gitarrenintro, mit ganz hoher weicher Stimme einen der schönsten Torch-Songs von George. „Roll Um Easy“ ist nicht nur ein verzweifelter Ruf nach der Liebsten, sondern spiegelt mit seiner Mischung aus lakonischem Text und musikalischem Sentiment auch so schön wie kaum eine andere Ballade aus George’s Feder den gebrochenen Helden. Zwar ist Souther der Respekt vor dem schier titanischen Original der Feats bei jeder Note anzumerken. Aber der Song funktioniert doch und funkelt auch fast 30 Jahre nach der ersten Aufnahme wie ein kleiner Diamant.

Lowell George war ein Kind von Warner Brothers und Hollywood durch und durch. Da darf eine andere kalifornische Saitengröße wie David Lindley nicht fehlen. Mit einer verlangsamten, durch fette Drums noch schärfer modernisierten Fassung von „Rocket In My Pocket“ bringt Lindley mit seiner Band diesen ironischen Text mit dem schweren Rock-Groove perfekt zusammen. Überhaupt fällt auf, dass fast alle Interpreten die Titel langsamer angehen als im Original. Little Feat hatten als perfekt eingespielte Band die Eigenart, das Tempo bis zum Anschlag anzuziehen.

Danach kommt der Höhepunkt des Albums. Randy Newman (auch ein LA-Musiker durch und durch) nimmt mit der Sängerin Valerie Carter „Sailin‘ Shoes“ neu auf. In einer bösartig verlangsamten, nur durch Keyboards und Drums untermalten Fassung. Voll von Tempowechseln und mit dem nöligen, weinerlichen Sprachstil des Kokain Junkies lässt Newman hier den Drogenwahn des Koksers musikalisch Wirklichkeit werden. Es ist einfach beklemmend, wie intensiv und ausdrucksvoll der Song gegenüber der etwas schunkelig-harmlosen Fassung des Originals dadurch wird. Es ist, als würde der Admiral aus dem Grab nach der nächsten Line rufen. Definitiv besser als das Original und diese Interpretation hat sehr viel mit Leben und Sterben des Gehuldigten zu tun.

Danach wird es etwas flacher. Allen Toussaint bringt eine liebevoll shuffelnde Version von „Two Trains“. „Long Distance Love“ ist ein Liebeslied vom anderen Stern. Im Original ein Hauch von gezupfter Gitarre mit George’s weicher hoher Stimme und einem ganz unsentimentalen direkten Text – das ist kaum zu toppen. Und doch wagt sich Keisuke Kuwata daran und – gewinnt: Eine schöne Stimme, geschmackvolle, leicht folkloristisch anmutende Saiteninstrumente. Dieser Song gehört öfter gespielt und doch werde ich immer an das Original denken – auch das ein Tribut an Lowell George.

Der Rest des Albums ist nicht so erwähnenswert. Jackson Browne singt wie Jackson Browne und klingt dabei etwas – hmmm … altmodisch. „Spanish Moon“ wird böse als Soul verhunzt. Passt nicht, weil nicht spanish und bei dem obskuren „Honest Man“ zeigen die verbliebenen Little Feat, dass sie die geschmeidigste Band immer noch sind und leider ein Problem mit dem/der Sänger/in haben. Auch das irgendwie ein Tribut an Lowell George.

Aber ein „Various Artists“ muss nicht gleichmäßig perfekt sein. Und Hauptperson bleiben George und seine Songs – und das ist gut so. Randy Newman zeigt es auf erstaunliche Weise dem Rest der Welt. Wer eine Idee von einem Song hat, kann diesen immer noch einmal verbessern. Und nicht zuletzt ist der Sound dieses Albums eine glanzvolle Werbung für die diversen Studios von LA und Hollywood. Einen so weichen, ausgewogenen, druckvollen und durchhörbaren Sound wie bei diesem mit einem Apogee-System gemasterten Album habe ich lange nicht mehr gehört. Und das liebevoll gemachte Booklet bringt mir die Texte – auch das musste mal sein (denn George nuschelt etwas)!