Amy Winehouse – geniale Jazzmusikerin?

Wenn die NETZEITUNG MUSIC: Chronik eines angekündigten Todes nach dem Konzertbesuch einer beeindruckten Journalistin dramatisch vermeldet, die britische Popsängerin Amy Winehouse sei nicht nur vollständig zugedröhnt, sondern auch brilliant, ja genial…

Also da hatte ich schon nach dem sehr ruppig gesungenen Erstling „Frank“ erhebliche Zweifel. Und die haben sich bis heute nicht gelegt. Amy Winehouse ist nach meinen bescheidenen Vergleichsmöglichkeiten keine brilliante Sängerin. Konzertbesucher, die solches behaupten, mögen einmal Madeleine Peroux, Malia, Rebekka Bakken oder Holly Cole hören, um überhaupt eine Vergleichsmöglichkeit zu haben. Und von Genie ist Amy Winehouse mit Sicherheit ebenso weit entfernt wie vom Jazz. Wer solche verquasten Huldigungen von sich gibt, outet sich damit als skandal-lüstern und kann dies in der gelben Presse besser unterbringen. Oder sollte sich einmal Gedanken machen über die Zusammenhänge zwischen öffentlichem Drogenkonsum, gefälliger Vermarktung und Musikindustrie.

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Amy Winehouse – Frank (2004)

Interessante Sängerin poppig gemacht mit grauenhaftem Sound,

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[Rating:3]

Amy Winehouse klingt nach Booze und mag wohl auch harte Getränke. Eine interessante Stimme von geringem Umfang (die Sängerin wechselt bei fast jeder Phrase in die Kopfstimme, um die hohen Töne zu „kriegen“). Ein sehr abwechslungsreiche Mixtur aus Lounge-Jazz und R&B mit knalligen Bässen, verschobenen Akzenten und viel Gezappel aus der Percussion-Ecke. Nette, zum Teil akustische Gitarren. Interessant auch die sehr egozentrischen Texte und die jazzigen Licks der Begleitmusiker.

Warum ist das keine überragende Platte in meinen Augen? Zwei Gründe:

1. Vielleicht auf Grund der fehlenden körperlichen Fitness der Sängerin ist der Gesang unelastisch, die Phrasen bewegen immer in denselben dynamischen Abstufungen und verlaufen (wenn wir uns einmal die Töne wegdenken) fast immer völlig identisch – „schubidubi dibidi haaaah“. Das in Verbindung mit dem geringen Stimmumfang der Sängerin führt im Vergleich zur lässigen und elastischen Phrasierung von Madeleine Peroux, zur entspannten Zwerchfellakrobatik von Holly Cole oder zum athletischen Gesang von Malia zu einer schnellen Ermüdung des Zuhörers. Klingt zum Schluss alles gleich.

2. Soundtechnisch eine absolut gehörzerstörende, grauenhafte Produktion: Wie man auf einer etwas besseren Stereoanlage hört, werden hier aufgeblasene Synthiebässe verwendet, um Fülle auf schlechten Anlagen vorzutäuschen. Die Obertöne sind stark mit Harmonizer angereichert und klingen dadurch unnatürlich und schmerzhaft schrill. Das schneidet und zischt ohne Ende. Das alles nur, damit die Sache auch im Autoradio „kommt“. Das dies auch besser geht, kann auf jedem Album der genannten Künstlerinnen erhört werden. Der Produzent und der Tonmeister bekommen 0 Sterne für so einen grauenhaften Schrott.

Ein leider nur durchschnittliches Album mit wenig Langzeitwert, das soundtechnisch nur im Autoradio (vielleicht) ohne Gehörschaden zu genießen ist.

Neil Diamond – 12 Songs (2005)

Nur für Fans, total überschätztes Album eines musikalischen Langeweilers,

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[Rating:2]

Die Liner Notes, die Credits, die Kritiken – alles ließ mich an ein wirklich gutes Album glauben. Und dann das:

Jeder, aber auch wirklich jeder Song beginnt mit einem quasi dahin gesprochenen kurzen Satz, danach wird dieses Thema (um nicht zu sagen: diese musikalische Schlichtheit) über 3 – 5 Minuten und in einem Tonumfang von maximal einer Quinte leicht variiert, wobei immer die kurzen „Statements“ im Sprachstil einer Presseerklärung überwiegen. Dazu leises Gitarrengeschrummel, die zum teil illustren Begleitmusiker müssen sich erheblich unterfordert gefühlt haben. Die Themen der Songs? Nicht meine Welt. Man muss wohl ein echter Fan sein, um Sänger und Werk zu mögen.

Und spätestens beim Lesen der Liner-Notes musste ich in schallendes Gelächter ausbrechen: 3 Seiten Huldigung an den Produzenten. Und warum Herr Diamond nur für diese Platte Gitarre spielen neu erlernen musste. Hat leider nichts genützt – ein klassischer Hype.