Ry Cooder lebt ohne Auto

Ry Cooder (from: http://www.rycooderstuff.co.uk/)

Ry Cooder ist vielleicht -abgesehen von Eddie van Halen- der einflussreichste amerikanische Gitarrist der letzten 40 Jahre. Einflussreich, weil er das Blues-Revival mit seinen zahllosen Versionen uralter Titel des amerikanischen Songbooks einleitete. Einflussreich, weil er als Sessiongitarrist viele großartige Produktionen (unter anderem der Rolling Stones) prägte. Weil er im Film „Crossroads“ für einen glaubwürdigen Soundtrack sorgte, der direkt aus dem Delta zu kommen schien. Weil er mit „Little Village“ die beste „Supergroup“ der 80er formte. Und mit „Buena Vista Social Club“ die Welt wieder mal darauf aufmerksam machte, dass es außerhalb der internationalen Hitparaden auch noch andere Musikstile und Musiker gibt, welche die Seele zum Schwingen bringen. Weiterlesen

Bonnie Raitt – Nick Of Time (1989)

Das völlig zeitlose und gekonnte Durchbruch-Album von Bonnie Raitt,

Bonnie Raitt - Nick Of Time (1989)

Nick of Time

[rating:5]

… war Grund für einen Grammy Gewinn und zugleich das Ende einer langen kommerziellen Durststrecke für Raitt.

Der Titelsong, eine nachdenkliche schnelle Ballade über’s Älterwerden mit eleganten Gitarren und dezent gemachten Keyboards zeigt schon, wo es lang geht: Nicht nur reiner 12-Takt Blues, sondern von Produzent Don Was unauffällig glatt geschliffener R&B, wobei Raitt ihre schöne Stimme und ihr effektvoll-laszives Slidegitarrenspiel in ein Gerüst aus filigranen Keyboards und Gitarren einbindet.

„Thing Called Love“ ein Song von John Hiatt wird mit einem interessant schüttelnden Rhythmus von akustischen Gitarren zu schweren Drums fast schon besser als das Original. Immer bleibt es geschmackvoll, dabei voll radiotauglich. Und wenn Raitt im 10. Titel zum unterkühlten Piano von Herbie Hancock eine herzergreifende Ballade singt („I Ain’t Gonna Let You Break“), dann ist das ungewohnt, gelungen und magisch. Ein Ausnahmealbum. Das (wie bei Raitt kaum anders zu erwarten) mit einem virtuosen 12-Takt Blues versöhnlich abschließt.

Paul Butterfield Blues Band (1965)

Meilenstein des „Großstadtblues“ und virtuose Vorlage für jede Bluesband,
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[Rating:5]

Die Paul Butterfield Blues Band aus Chicago spielte mit diesem Album vor 42 Jahren (!) einen Meilenstein des Blues-Rock ein und lieferte damit eine Vorlage für unzählige spätere Bands von den Blues Brothers über Clapton, Yardbirds bis hin zu zahllosen Kneipenmuckern, welche die genialen Riffs von Mike Bloomfield an der Gitarre und die harte, präzise Rhythmusarbeit zum Teil 1:1 heute noch kopieren.

Der moderne, klare Sound von Telecaster und Mundharmonika, die sparsamen und treibenden Drums, der beseelte Gesang von Paul Butterfield und über allem eine Mundharmonika vor dem Herren – eine so exzellente Band hört man immer wieder gern. Eine gelungene Zusammenstellung von Eigenkompositionen von Butterfield/Bloomfield und bekannte Titel wie „Mojo Working“ u.a. von bekannten Blues Interpreten wird so treibend und mit so viel Virtuosität eingespielt, dass es trotz des historischen, etwas höhenarmen Sounds die helle Freude ist. Ein Muss für jede Sammlung. Und klingt besser als 90 % der späteren Bands in diesem Bereich.

Paradise And Lunch – 30 Jahre alt und richtig perfekt

Überragendes Frühwerk des Musikforschers und Gitarristen Ry Cooder,

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[Rating:5]

Ein Meilensteinalbum des großen Ry Cooder: Die Auswahl der (fremden-) Songs ist wie immer exotisch und sehr abwechslungsreich. Zwei überragend perfekt und lebendig eingespielte Traditionals (der Eisenbahn-Song „Tamp Em Up Solid“ und das gospelig-vertrackte „Jesus On The Mainline“) wechseln sich ab mit virtuosen und seelenvoll interpretierten Coverversionen, wie dem verspielten Reggae „It’s All Over Now“ von Womack/Womack.

Instrumental und musikalisch absolut brilliant: Fette Bässe (Produzent Russ Titelman spielte einen sehr groovigen E-Bass ein) auch von Bläsern (Tuba kommt gut bei Tänzen!), treibende Drums von Jim Keltner und Milt Holland und eine abwechslungsreiche, energische und im Gegensatz zu heutigen Produktionen Cooders ultra-präzise Gitarre.

Ein perfekt ausgewogenes und sehr transparentes Klangbild (Tonmeister Lee Herschberg) stellt jedes Instrument gleichwertig in den Raum. Und wie die gut aufgelegten Sänger um Bobby King und Russ Titelman den Songs Gospel- und Soul-Feeling mit auf den Weg geben – das ist eine Produktion, die auch heute noch frisch und absolut modern klingt.

Mein persönliches Highlight neben dem Opener „Tamp Em Up Solid“ ist übrigens das Cover „Ditty Wah Ditty“ am Schluss. Wie Ry Cooder hier allein mit mit dem eleganten Pianisten Earl Hines und seinen perlenden, präzisen Pianofiguren ein lustiges Nonsense-Lied zum Grooven bringt, das ist in dieser Besetzung wohl einmalig. Tolle und abwechslungsreiche Musik mit einem Sahnesound – was will man mehr?

Joan Armatrading – Into The Blues (2007)

The Thrill is gone – trotzdem ein gutes Album im Alleingang, 29. April 2007
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[rating:3]

Joan Armatrading war im Verlauf Ihrer nun 30 Jahre andauernden Plattenkarriere immer gut beraten, wenn Sie sich einem umsichtigen Produzenten anvertraute, der auch die Sessionmusiker auswählte. So entstanden tolle bis überdurchschnittliche Alben wie „JA“, „Show Some Emotion“ oder auch „Me Myself I“.

Hier spielt sie fast allein ein komplettes Blues Album ein. Alle Instrumente mit Ausnahme der Drums sind von JA selbst eingespielt. Da staunt man zwar über die instrumentale Vielseitigkeit dieser Vollblutmusikerin und auch den guten Sound. Aber leider sind gerade die „echten“ Bluestitel melodisch abgegriffen und sehr formelhaft. Da klingt die Sologitarre teilweise wie aus einer Sammlung von Blues-Standards abgekupfert. Leider liegt die Messlatte in dieser Musikrichtung recht hoch. Und wird glatt verfehlt.

Besser sind die „nicht-bluesigen“ Songs wie „Secular Songs“ gelungen oder auch das fazinierend von Mandolinen begleitete „Baby Blue Eyes“. Aber auch dort nerven die bis zu vierstimmigen Chöre (dafür eignet sich die tiefe Altstimme von JA einfach nicht).

Trotz der unbestreitbaren Faszination dieser großen Sängerin: Das erst 2005 entstandene Album „Souls Alike“ von Bonnie Raitt zeigt, wie es besser ginge.

Modernes Album einer altmodischen Blues-Lady,

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[Rating:4]

Wer wie Bonnie Raitt mit Little Feat, John Lee Hooker und allen anderen lebenden Blues Größen dreißig Jahre lang gute Platten eingespielt hat, muss niemandem mehr etwas beweisen. Und mit dieser charakteristischen, unterkühlten Stimme und einem absolut bedienten, authentischen (Slide-)gitarrenspiel schon gar nicht.

Der Opener kommt so treibend und entspannt, wie sich das Eric Clapton wohl seit Jahren wünscht. „God Was On The Water That Day“ ist ganz funkig mit subtilem Effekteinsatz und zwingendem Songaufbau. Mit „Love On One Condition“ geht es dann Richtung St. Louis. Wilde Triolen, Honkytonk und Bläser schütteln uns durch den Song – Dr. John lässt grüßen. Überhaupt gehört Raitt zu den seltenen Künstlern, die auch Pausen lassen. Da gibt es Unisono-Passagen, effektvolle Pausen, Strophen ohne Gitarre, komplizierte Bridges und alles, was der gute Musiker eben so kann und macht. Und die für meinen europäischen Geschmack doch manchmal etwas konventionellen 12-Takt Blues- und Rocknummern von Raitt glänzen auf diesem Album durch Abwesenheit.

So geht das dann Schlag auf Schlag – ein wirklich rundes Album. Selbst die etwas schmalzigen, auf Radio-Airplay schielenden „So Close“ und „I Don’t Want Anything Change“ wissen durch geschmackvolles Arrangement, schönen Gesang und abgeklärten Gänsehautfaktor zu überzeugen. Noch etwas mehr Mut zu Härte und Experiment, dies wären glatte 5 Punkte. Es ist mir ein Rätsel, warum Raitt mit so guten Alben nicht bekannter ist.

JJ Cale & Eric Clapton – Road To Escondido (2006)

Ups and Downs, sehr Mainstream und zu wenig JJ Cale – langweilig,

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[Rating:2.5]

Kann eine solche Kombination von Coolness und Routine gut gehen? Nur selten, leider. Zwar hat JJ die meisten Songs beisteuert, einige wichtige Gesangsparts übernommen und die Auswahl der Musiker seinem eigenen Musikstil perfekt angepasst. Solide Handwerker mit Gespür für den federnden Backbeat wie Albert Lee sorgen für einen lockeren und präzisen Background, vor dem sich die beiden Gitarreros austoben dürfen. Das Album leidet aber unter deplazierten Gitarrensoli von Clapton, die dem gesamten Sound nicht angemessen sind und viel Gesang von Clapton, der zum Stil von JJ Cale ebenfalls nicht recht passen will.

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Wunderbarer Jazz-Chanson, toller Sound,

Madeleine Peyroux – Dreamland (1996)

Ein großartiges Debüt-Album der damals noch ganz jungen Madeleine Peyroux: Gradlinige Arrangements (Marc Ribot sorgt für einfühlsame, abwechslungsreiche Gitarrenbegleitung) und ein wunderbarer, müheloser und sehr sauber phrasierender Gesang. So locker, gekonnt und dennoch sexy, dass Assoziationen an die junge Ella Fitzgerald und Bessie Smith wach werden. Eine ganz charakteristische Stimme, die immer selbstverständlich klingt, selbst bei so schwierigen Titeln wie dem „La Vie En Rose“ von Edith Piaf.

Der Stil der Musik ist Bar-Jazz, aber ohne die zum Teil verkrampften Ausflüge in den Pop, die viele neue Produktionen mit jüngeren Sängerinnen versuchen. Ein rundum gelungenes Album mit tollem transparentem Sound der überwiegend akustischen Instrumente.

Geradezu greifbare Gitarren, verhauchtes Akkordeon. Toll. 5 Punkte auch für den Tonmeister.